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Astor & Carlos vs. Ed & Ruth – Über-Alterung des Tango

War­um tan­zen in Deutschlang fast aus­schließ­lich nur noch alte / älte­re Men­schen Tan­go? War­um gibt es kaum mehr Nach­wuchs? In die­sem Bei­trag geht es um die Rol­le der Musik. In einem ande­ren Bei­trag habe ich beschrie­ben, war­um mei­ner Mei­nung nach auch die Art wie getanzt wird, jun­ge / jün­ge­re Leu­te abschreckt.

Ich begin­ne mit einem Arti­kel von Tho­mas Krö­ter. Er hält es für eine „Illu­si­on“, dass man durch eine „Ver­jün­gung“ des Musik­an­ge­bots auch etwas gegen die „Über­al­te­rung der Tan­go-Gemein­de“ tun kön­ne. Als Beleg berich­tet er von einer „bun­ten“ Ber­li­ner Milon­ga, auf der er auch „kein signi­fi­kant jün­ge­res Publi­kum“ ange­trof­fen hat. Auf sei­ne Fra­ge „Was sagt uns das?“ gibt es aber m.E. eine ganz ein­fa­che Antwort.

Das sagt uns, dass es natür­lich nicht damit getan ist, das Musik­an­ge­bot auf Milon­gas viel­fäl­ti­ger zu gestal­ten, wenn im Unter­richt wei­ter­hin „Bahia Blan­ca“ in Dau­er­schlei­fe dudelt. Es ist ein klas­si­scher Teu­fels­kreis: Wel­che jün­ge­ren Men­schen sol­len sich ange­spro­chen füh­len, wenn sie sehen, dass „Tan­go“ heu­te zu lang­wei­li­ger Musik nur am Platz getanzt bzw. gedreht wird (so wie hier)? Und wenn sie dann trotz allem einen Tan­go­kurs buchen, auch nur mit öder EdO-Musik beschallt wer­den? Und da wun­dert man sich, dass „von weni­gen Aus­nah­men abge­se­hen die ein­zi­gen Jun­gen die argen­ti­ni­schen Tanz­leh­rer­paa­re zu sein schei­nen“? Nur wenn man bereits im Unter­richt lernt, dass man Tan­go nicht nur zu 90 Jah­re alter Uralt-Musik tan­zen kann, wer­den jün­ge­re Leu­te über­haupt auf Milon­gas auftauchen.

In sei­ner Reak­ti­on auf Krö­ters Arti­kel macht Ger­hard Riedl immer­hin kon­kre­te Vor­schlä­ge, wie sich die Musik ändern soll­te. Sei­ner Mei­nung nach soll­ten die „bei­den größ­ten Genies der Tango­ge­schich­te, Gar­del und Piaz­zolla“ häu­fi­ger gespielt werden. 

Über Piaz­zolla wun­dert man sich nicht, das ist ja eines sei­ner Dau­er­the­men. Nach wie vor ist Riedl schlicht­weg egal, dass Piaz­zolla ganz klar gesagt hat, dass zu sei­ner Musik nicht getanzt wer­den soll (sie­he dazu die­sen Bei­trag) und dass er viel­leicht gute Grün­de dafür gehabt hat. Wich­ti­ger ist aber natür­lich, was für eine Art von Musik Piaz­zolla eigent­lich geschaf­fen hat:

[Man] hört in den Stü­cken von Piaz­zolla sowohl Ele­men­te der Klas­sik als auch der argen­ti­ni­schen Folk­lo­re, der Neu­en Musik und Ingre­di­en­zen des Jazz. […] Sei­ne har­mo­ni­sche Spra­che wei­te­te er aus mit Mit­teln des Jazz sowie nach dem Vor­bild etwa von Igor Stra­win­sky und Bela Bar­tók, deren Har­mo­nik sich an Ska­len eige­ner Prä­gung ori­en­tier­te. (Quel­le)

Man muss kein Musik­wis­sen­schaft­ler sein, um zu erken­nen, dass das nicht gera­de nach popu­lä­rer Tanz­mu­sik klingt. Riedl „ver­mu­tet“ zu Recht, dass jun­gen / jün­ge­ren Leu­ten Tay­lor Swift gefällt. Da läge es eigent­lich nahe zu ver­mu­ten, dass der­art kom­ple­xe und oft dis­har­mo­ni­sche Musik ihnen wahr­schein­lich nicht gefällt. Der­zeit ist Riedl in sei­ner Rei­he „Piaz­zolla zum Tan­zen“ bei 13 ange­kom­men. Man kann es ja ganz ein­fach sel­ber mal aus­pro­bie­ren: Man sitzt in gesel­li­ger Run­de bei­sam­men (hof­fent­lich sind auch ein paar „Jün­ge­re“ unter 50 dabei) und dann ver­kün­det man: „Leu­te ich habe ein rich­tig coo­les Stück zum Tan­zen ent­deckt“ und dann spielt man Tan­ti Anni Pri­ma. Da wird es nie­mand mehr auf den Stüh­len hal­ten, die Bei­ne wer­den zucken und die Kör­per wer­den sich wie von allei­ne zu die­ser dyna­mi­schen Musik bewe­gen. Aber immer­hin quietscht, knarzt und kratzt es in die­sem Stück nicht stän­dig (wie so oft bei Piazzolla).

Auch wenn Riedl noch zwan­zig wei­te­re Arti­kel in sei­ner Rei­he schrei­ben wird, es wird nie­mand inter­es­sie­ren. Piaz­zoll­as Musik (mit Aus­nah­me von Stü­cken wie „Obli­vi­on“ und „Liber­t­an­go“) wird auch in Zukunft kaum jemand zum Tan­zen ani­mie­ren. Sein dies­be­züg­li­ches Enga­ge­ment („Fin­ger wund­ge­schrie­ben“) ist völ­lig sinn­los (und damit in gewis­ser Hin­sicht auch tra­gisch). Er ist unfä­hig (oder nicht wil­lens) zwi­schen sei­nem eige­nen Musik­ge­schmack und dem der „Tan­go-Gemein­de“ zu unter­schei­den und anzu­er­ken­nen, dass den meis­ten Leu­ten Piaz­zolla halt nun­mal nicht gefällt. Des­halb ist in Hin­blick auf Piaz­zolla sein Erfolg nicht nur nicht „über­schau­bar“, er ist auf gan­zer Linie gescheitert.

Sein zwei­ter Vor­schlag, Car­los Gar­del, ist aller­dings noch skur­ri­ler. Zunächst ein­mal fragt man sich natür­lich, war­um aus­ge­rech­net Gar­del nicht zur „Muse­ums­mu­sik“ und zum „His­to­ri­en-Schmus“ gehört. Man mag es „geni­al“ fin­den, was Gar­del zum Bei­spiel hier singt, aber musea­ler geht’s nun wirk­lich nicht. Stel­len wir uns vor, dass wir die­ses Stück in einem „Club, in dem jun­ge Leu­te ver­keh­ren“ zu Gehör brin­gen. Da wird die Men­ge toben und begeis­tert zu die­sem uner­träg­lich schmal­zi­gen Geknö­del tanzen.

Was die Ver­jün­gung des Tan­go-Publi­kums angeht, bin ich aus­ge­spro­chen skep­tisch. Dazu müss­te sich etwas in den Köp­fen der Ver­ant­wort­li­chen ändern. Wer fest davon über­zeugt ist, dass man „wah­ren“ Tan­go nur zu ori­gi­nal EdO Musik tan­zen soll­te und dass moder­ne Ein­spie­lun­gen min­der­wer­tig sind (sie­he die­sen Bei­trag), wird ohne Not nichts ändern. Da kann zum Bei­spiel Olli Eyding noch so oft über „Young Tan­go“ Initia­ti­ven berich­ten – solan­ge er auf sei­ner eige­nen Milon­ga aus­schließ­lich His­to­ri­sches spielt, wird er auch nur „über­all grau­es Haar“ sehen. Und solan­ge auf einer bekann­ten Münch­ner Milon­ga „Neo“ ange­kün­digt wird und dann 20 Jah­re alte Elec­t­ro-Schin­ken dudeln, wird sich auch nichts ändern. Viel­leicht braucht es aber auch gar kei­ne „Ver­jün­gung“ des Publi­kums. Es wird in abseh­ba­rer Zukunft ja immer mehr Rent­ner geben, wenn die sich für Tan­go ent­schei­den, kann alles so wei­ter­lau­fen wie bis­her. Wenn es aber nicht mehr genü­gend Kun­den gibt, dann kann eine Ver­jün­gung des Publi­kums mei­ner Mei­nung nach nur über eine Ver­jün­gung bzw. Ver­brei­te­rung des Musik­an­ge­bots kommen. 

Wenn man die Goog­le KI Gemi­ni fragt, was man denn machen könn­te, um jun­gen Leu­ten alte Tan­go­mu­sik schmack­haft zu machen, macht sie rich­tig gute Vorschläge:

Es ist wich­tig, zu ver­ste­hen, war­um jun­ge Men­schen mög­li­cher­wei­se Schwie­rig­kei­ten haben, älte­re Musik­gen­res wie den Tan­go zu schät­zen. Die­ses Wis­sen kann hel­fen, neue Wege zu fin­den, um die­se Musik einem jün­ge­ren Publi­kum näher­zu­brin­gen. Viel­leicht durch:

  • Moder­ne­re Arran­ge­ments: Älte­re Tan­go­stü­cke kön­nen in neu­en, moder­ne­ren Arran­ge­ments neu inter­pre­tiert werden.
  • Zusam­men­ar­beit mit moder­nen Künst­lern: Koope­ra­tio­nen zwi­schen eta­blier­ten Tan­go­mu­si­kern und jun­gen, auf­stre­ben­den Künst­lern kön­nen neue Hörer anziehen.

Kon­kre­te Vor­schlä­ge, was für Musik das sein könn­te, fin­det man hier und in mei­ner Spo­ti­fy Play­list.

Aber man könn­te sich natür­lich auch dar­an ori­en­tie­ren, wie Milon­gas in der „gol­de­nen Epo­che“ wirk­lich waren. Da wur­de bekannt­lich (?) nicht nur Tan­go getanzt, son­dern es wur­den auch „ande­re Rhyth­men“ (otros rit­mos) gespielt, was halt gera­de popu­lär war, wie zum Bei­spiel Fox­trott (sie­he dazu die­sen Bei­trag). Also könn­te man schau­en, zu wel­cher popu­lä­ren Musik von heu­te man tan­zen könn­te. Es muss ja nicht gleich Tay­lor Swift mit ihrer lang­wei­li­gen, immer glei­chen „indus­tria­li­sier­ten“ Musik sein und es muss auch nicht Hip Hop, Gangs­ta Rap oder Tech­no sein. Aber Per­fect von Ed Sheeran und Lost Boy von Ruth B. wären ja schon mal ein Anfang. 

Falls die Ent­wick­lung in die­se Rich­tung geht, könn­te ich mir in Zukunft eine stär­ke­re Dif­fe­ren­zie­rung von Milon­gas vor­stel­len. Lieb­ha­ber der his­to­ri­schen Musik tan­zen auf „Edo­lon­gas“, wäh­rend man auf „Milon­gas“ zu „moder­nen Arran­ge­ments“ tanzt, also was heu­te noch oft abschät­zig als „Cover“ bezeich­net wird. Wer nicht nur zu Tan­go Sound tan­zen möch­te, geht wie bis­her auf eine „Neo­lon­ga“. Und dann gibt es ja viel­leicht irgend­wann mal wie­der – die Hoff­nung stirbt zuletzt – „Mix­lon­gas“ mit einer Mischung aus „nor­ma­lem“ Tan­go und ande­ren Musik­sti­len. Es hat sich bewährt, die ver­schie­de­nen Sti­le mit (unge­fäh­ren) Pro­zent­zah­len anzu­ge­ben, bei mir wäre das dann z.B. 25% Moder­ner Tan­go / 75% Non/Neo. Natür­lich sind auch kom­plett ande­re Mischun­gen denk­bar, so wünscht sich Ste­fan Sagrow­s­ke (in der Tan­go­dan­za 4/2024 S. 71–72) einen „schö­nen Mix“ aus 50% Klas­sik, 30% Non und 20% Neo.

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Musical Variety Is the Spice of Tango

  1. Ich könn­te hier davon schrei­ben, dass die Olli Eydings Milon­ga von vor­he­rin als tra­di­tio­nell ange­kün­digt ist, es daher kei­nen Sinn macht, dann dahin zu gehen und die Milon­ga wegen der Musik ver­är­gert frü­her zu ver­las­sen. Auch könn­te ich über weich­ge­spül­te Cover­ver­sio­nen eigent­lich guter Titel schrei­ben. Es gibt Aus­nah­men wo Neu­ar­ran­ge­ments mit moder­nen Ein­spie­lun­gen mei­ner Mei­nung nach gute Ener­gie haben. In der ver­öf­fent­lich­ten Play­list von Jochen Lüders sind das die Stü­cke von Quin­te­to Ángel, wie ich fin­de. Über den vor­sich­ti­gen aber mög­li­chen Umgang mit Piz­zolla auf einer Milon­ga könn­te ich schrei­ben, trotz­dem Piz­zolla sag­te, dass sein Tan­go nicht zum Tan­zen gedacht ist. Gar­del ist mir zu wei­ner­lich, da ich nicht fin­de, dass Tan­go ein trau­ri­ger Gedan­ke ist, den man Tan­zen kann. Zur Fra­ge der Ver­jün­gung des Publi­kums, kann ich aus eige­ner Erfah­rung berich­ten, dass bei mei­nen ganz­jäh­ri­gen Open-Air-Milon­gas im öffent­li­chen Park oft auch jün­ge­re Park­be­su­cher fra­gen, wo man Tan­go ler­nen kann. Ich ver­wei­se dann auf die Tanz­schu­len im ent­spre­chen­den Wohn­be­zirk, da ich mich selbst bewusst nicht als Tanz­leh­rer bezeich­ne, auch wenn ich ihnen auf Wunsch die Basics zei­ge. Mein Musik­mix um Park ist i d.R. 50% tra­di­tio­nell und 50% Non-oder Neo. Dass ände­re ich, wenn ich mer­ke, dass die Tan­zen­den einen ande­ren Schwer­punkt haben Ich wün­sche mir, dass auch im Unter­richt 50/50 gespielt wird.

    • > „und die Milon­ga wegen der Musik ver­är­gert frü­her zu verlassen.“

      Wie kommst du dar­auf? Natür­lich wusste/weiß ich, was mich da erwar­tet. Des­halb bin ich nach immer­hin 2,5 Stun­den nicht „ver­är­gert“, son­dern ein­fach nur gelang­weilt gegan­gen. Das ist ledig­lich ein Bei­spiel, wie jemand etwas ändern könn­te, der offen­bar erkannt hat, dass sich etwas ändern muss. 

      > „Über den vor­sich­ti­gen […] könn­te ich schreiben,“

      Was soll denn die­ses stän­di­ge „könn­te“? Ent­we­der du TUST es oder du LÄSST es. Es inter­es­siert nie­mand was du „könn­test“.

      > „Gar­del ist mir zu weinerlich“

      Das ist ein komi­sches Argu­ment. Ich wür­de über 90% der gesun­ge­nen Tan­gos als „wei­ner­lich“ bezeich­nen. Man könn­te dich so ver­ste­hen, dass Gar­del jun­gen Leu­ten gefal­len wür­de, wenn er weni­ger „wei­ner­lich“ wäre.

  2. Nach­dem ich im obi­gen Arti­kel mehr­fach ange­spro­chen wur­de, habe ich mir erlaubt, dazu einen eige­nen Text zu verfassen:
    https://milongafuehrer.blogspot.com/2024/10/carlos-astor-und-jochen.html

  3. Wolfgang Balzer

    So ger­ne ich mich von Musik über­ra­schen las­se und inso­fern nichts gegen Neu­es hät­te – fast alles Zeit­ge­nös­si­sche klingt ein­fach flach, fal­ten­los, glatt­ge­schlif­fen – wie ein Baby oder etwas Gelif­te­tes im Ver­gleich zu einem wei­sen, klu­gen, inter­es­san­ten Gesicht. EdO-Orches­ter waren hoch­pro­fes­sio­nel­le Dienst­leis­ter für Tän­zer, und das hört man. Reich­lich Aus­wahl an Instru­men­ten, Melo­die­li­ni­en und vor allem Gesangs­stim­men. Vie­le Zeit­ge­nos­sen haben noch nicht mal Sän­ger. Und was Elek­tro und Non angeht – zwei­mal gehört, dann ist das Mus­ter gespei­chert und es wird lang­wei­lig und vor­her­sag­bar. Ich will damit nicht sagen, daß das immer so blei­ben muß. Bei den Zeit­ge­nos­sen sieht man auch Ent­wick­lung. Alle 5 Jah­re mal nach­se­hen reicht aber.

    • Das The­ma mei­nes Bei­trags ist NICHT mein indi­vi­du­el­ler Musik­ge­schmack, son­dern: „War­um tan­zen in Deutschlang fast aus­schließ­lich nur noch alte / älte­re Men­schen Tan­go? War­um gibt es kaum mehr Nach­wuchs?“ Und wel­che Rol­le die Musik dabei spielt. 

      Auf die­se Fra­gen gehst du über­haupt nicht ein. Dein Kom­men­tar klingt so, als ob doch alles in Ord­nung sei und so blei­ben soll, wie es der­zeit ist. Die­se Mei­nung ist natür­lich legitim. 😉

      > und vor allem Gesangsstimmen.

      Das klingt so, als ob Gesang per se schon ein Qua­li­täts­merk­mal für gute Tan­go-Musik sei. Ist es für mich nicht, ich tan­ze auch ger­ne zu Instrumental-Stücken. 

      Aber neh­men wir als belie­bi­ges Bei­spiel „Fui­mos“ von Troi­lo mit Alber­to Mari­no. Für dich ist das ver­mut­lich wun­der­ba­rer Gesang, ich fin­de ihn ein­fach nur scheuß­lich. Hast du Kon­takt zu jün­ge­ren Leu­ten? Falls ja, spiel ihn doch die­ses Stück mal vor und schau, was sie davon (vor allem vom Gesang) hal­ten und ob sie zu so einer Musik ger­ne tan­zen würden. 

      Und was „moder­ne“ Sän­ger angeht, da gibt’s schon so eini­ge: Chi­no Labor­de, Guil­ler­mo Fernán­dez, Fer­nan­do Ser­ra­no, Ruben Pelo­ni, Rober­to Minon­di usw. 

      > und es wird lang­wei­lig und vorhersagbar.

      Genau­so geht es mir mit den meis­ten his­to­ri­schen Tan­gos. Neh­men wir als Bei­spiel von Bia­gi „Racing Club“, „La Huel­la“, „La Viru­ta“ und „El Inter­na­do“. Alle Stü­cke klin­gen gleich, nach den ers­ten Tak­ten weiß ich schon, wie es bis zum Ende weitergeht.

      • Wolfgang Balzer

        Ehr­lich gesagt ist es mir ziem­lich egal, wie die Alters­struk­tur im Tan­go ist. 

        Bezie­hungs­wei­se, zum Her­an­zie­hen von Nach­wuchs mag es ja nütz­lich sein, die Youngs­ters erst mal irgend­wie an Bord zu holen (so etwas in der Rich­tung hat auch mal ein von mir hoch­ge­schätz­ter „Tan­go­leh­rer mit Fokus auf Musi­ka­li­tät“ gesagt). Das sol­len aber bit­te dann die Kids unter sich aus­ma­chen, wenn sie dann mal soweit sind, herz­lich willkommen.

        Wie gesagt, ich schaue mir immer wie­der mal die Zeit­ge­nos­sen an (bzw. bekom­me es in mei­nem Umfeld ja auch ser­viert) und bin auch eini­ger­ma­ßen opti­mis­tisch, daß da irgend­wann mal was Brauch­ba­res rauskommt. 

        Nur: Der­zeit emp­fin­de ich fast alles, was ich da höre, als emo­tio­nal ziem­lich ste­ril. Klar kann ich es irgend­wie abtan­zen, aber für ein wirk­lich sinn­li­ches Erle­ben im Paar reicht das nicht.

        • > Der­zeit emp­fin­de ich fast alles, was ich da höre, als emo­tio­nal ziem­lich steril.

          Da kann man wohl nichts machen. 

          Dann inter­es­siert dich auch nicht, wenn es z.B. über Ban­do­ne­gro heißt: „Im Jahr 2019 unter­nah­men sie eine fünf­wö­chi­ge Tour­nee in Bue­nos Aires, Argen­ti­ni­en, und tra­ten in iko­ni­schen Tan­go­clubs wie dem Salon Can­ning und La Viru­ta sowie beim Argen­ti­na Tan­go Salon Fes­ti­val auf. Eine spe­zi­el­le Ver­si­on des Stücks „Gal­lo Cie­go“ in der Inter­pre­ta­ti­on von Ban­do­ne­gro wur­de wäh­rend der End­run­de der Bue­nos Aires Tan­go Welt­meis­ter­schaft – dem größ­ten Tan­goe­vent der Welt – präsentiert.“
          (https://bandonegro.com/uber-uns/)

          Die haben halt auch alle kei­ne Ahnung …

        • > Ehr­lich gesagt ist es mir ziem­lich egal, wie die Alters­struk­tur im Tan­go ist. 

          Mit die­sem kla­ren State­ment soll­ten wir unse­re Dis­kus­si­on beenden. 😉

  4. Wolfgang Balzer

    Nach­trag: In Non gibt es durch­aus ein­zel­ne High­lights. Ein paar Kizom­bas , Lon­don Grammars Sights oder San­ta Fe; die tan­go-arti­gen Melan­cho­lie-Vibes von Sno­wy White, die Gei­gen, die man auch tan­zen soll, wenn sie gar nicht da sind, in Brot­hers in Arms von Dire Straits in der Live-Ver­si­on mit Eric Clap­ton, auch in RnB fin­den sich ein­zel­ne Nuggets…doch sind es weni­ge Stü­cke, die durch Wie­der­ho­lung in Gefahr gera­ten, ihre Magie zu ver­lie­ren. Die Non-Milon­ga-Rea­li­tät ist dann das zwei­tau­sends­te Neph­e­li, Craig Ein­horn, belie­bi­ge Elek­tro-Schlei­fen. Das ist zu wenig.

    • > In Non gibt es durch­aus ein­zel­ne High­lights. / … fin­den sich ein­zel­ne Nuggets

      Wo sind denn im his­to­ri­schen Tan­go die „High­lights“ bzw. „Nug­gets“? Gib mir doch bit­te mal ein paar Bei­spie­le. Aber jetzt bit­te nicht abge­nu­del­te Sachen wie „Bahia Blan­ca“, „El Cho­clo“, „Por una Cabe­za“ und „Sonar y nada mas“. 😉

      > Die Non-Milon­ga-Rea­li­tät ist dann […] Das ist zu wenig.

      Stimmt, das kri­ti­sie­re ich ja auch. Hast du mal in mei­ne Play­list rein­ge­hört? Da gibt’s doch etwas mehr musi­ka­li­sche Abwechs­lung. Sie­he auch https://jochenlueders.de/?p=17216

      • Wolfgang Balzer

        Ich dach­te, ich hät­te es schon geschrieben…Tradi-Tango (natür­lich auch nicht jedes Stück) hat für mich gera­de die Eigen­schaft, daß ich da jedes Mal was Eige­nes ent­de­cken kann, auch wenn auf Milon­gas auch immer nur die sel­ben 400 oder 700 Stü­cke laufen. 

        Wenn ich mei­ne Tan­das in einer Daten­bank und nicht in VDJ-Play­lists hät­te. wür­de ich natür­lich ger­ne einen Query für Dich schrei­ben, der alle Stü­cke mit 4 oder 5 Ster­nen auf mei­ner per­sön­li­chen Ska­la als Lis­te aus­gibt, und die dann hier reinkopieren. 

        So mußt Du lei­der mit einer mehr pau­scha­len Beschrei­bung klar­kom­men – Di Sar­li (es gibt eine Men­ge jen­seits von Bahia Blan­ca und Co), rela­tiv vie­le von Can­a­ro, Lom­uto, Fre­se­do, Calo, Troi­lo, Bia­gi, vie­le 40er und 50er Puglie­ses, ach ja, d’A­ri­en­zos… von den übri­gen auch ein paar. 

        Ich selbst mag lie­ber lyri­sche als rhyth­mi­sche Stü­cke, aber manch­mal machen sogar ganz sim­pel gestrick­te Tan­gos aus den 30ern Spaß. Was ich nicht so mag sind total ener­gie­ar­me Stü­cke (außer in klei­ner Dosis zum Run­ter­kom­men nach einer Vals-Tan­da). Zu hoch­en­er­ge­tisch auch nicht, vor allem wenn die Ron­da sowie­so eng ist.
        Ein Bild bekommen?

        • > der alle Stü­cke mit 4 oder 5 Ster­nen auf mei­ner per­sön­li­chen Ska­la als Lis­te ausgibt

          Ich habe um kon­kre­te BEISPIELE gebe­ten, nicht um „alle“ Stücke. 😉 

          Auf mei­ne Bia­gi Tan­da gehst du auch nicht ein. Sind das jetzt „High­lights“ oder eher „ener­gie­ar­me“ Stücke?

        • Wolfgang Balzer

          Hal­lo Jochen, erst­mal – ant­wor­ten auf Dei­ne Ant­wort ging irgend­wie nicht. Offen­bar Tie­fen­li­mit erreicht.

          Also jetzt zu Dei­ner letz­ten Anwort: Nichts für ungut, aber wenn ich genau nach Dei­nen Vor­ga­ben arbei­ten soll, kannst Du mich stun­den­wei­se enga­gie­ren. Ich schi­cke Dir gern ein Ange­bot. Sonst must Du lei­der mit dem klar­kom­men, was ich Dir schon geschrie­ben habe.

  5. Wolfgang Balzer

    Ich habe eben mal einen Blick auf Dei­nen Link gewor­fen (Sie­he auch https://jochenlueders.de/?p=17216). Ja, nice, das sind wie­viel Stü­cke, 30? Jetzt sind wir ja sowie­so voll beim Sub­jek­ti­ven. Klez­mer, not my cup of tea, schlim­mer ist nur noch Mund­har­mo­ni­ka. Block­flö­te gibt es zum Glück glau­be ich nicht. Instru­men­tal gene­rell: Auch nett, in klei­ner Dosis.

    Was es für mich noch etwas schwie­ri­ger macht: ich bin (in die­sem Fall lei­der) ziem­lich gut in Eng­lisch, Stim­me als Instru­ment mag ich sehr, aber weg­hö­ren geht nicht. Was schon mal ziem­lich har­te Fil­ter­kri­te­ri­en bei eng­li­schen oder, sowie­so, deut­schen Stü­cken mit schwa­chen Tex­ten ergibt.

    Mei­ne Non-Gale­rie habe ich ja schon beschrei­ben. Ich den­ke, jeder hat da ande­re Aus­lö­ser für das „Tan­go-Fee­ling“, und es ist jeden­falls kom­ple­xer als nur ein oder zwei Attri­bu­te. Ich wür­de aber sagen, wenn es sowas wie gepfleg­te, posi­ti­ve Melan­cho­lie aus­strahlt und ein paar Melo­die­bö­gen hat (nicht nur har­ten Rhyth­mus), paßt das schon irgend­wie. Und das Stück soll­te irgend­wie eine Struk­tur haben, also (musi­ka­lisch) eine kur­ze, kna­cki­ge Geschich­te erzäh­len und sowas wie eine Ener­gie­struk­tur haben, also nicht nur flach vor sich hin brabbeln.

  6. Wolfgang Balzer

    Hal­lo Jochen, Dei­nen letz­ten Text mit „Ban­do­ne­gro“ drin (rich­ti­ge Threads gibt es auf die­ser Web­sei­te nicht?) fand ich merk­wür­dig. Kann es sein, daß Du mich mit einem Tan­go-Tali­ban ver­wech­selst oder gar Dir selbst die eine gro­ße Tan­go-Musik­wahr­heit wünschst? Ich brau­che kei­ne „Ade­lun­gen“ oder Bestä­ti­gun­gen durch ande­re für irgend­was. Viel­falt ist super. Wenn ich mei­ne Vor­lie­ben beschrei­be, tue ich genau das und schla­ge nicht vor, das zur allei­ni­gen Norm zu machen. Ich bin nicht ganz sicher, wie das bei Dir aussieht.

    Was die Alters­struk­tur im Tan­go angeht – auch da brau­che ich kei­ne Bestä­ti­gung durch ande­re. Wenn mei­ne Gene­ra­ti­on die letz­te ist, die die­se Art von Sinn­lich­keit zu schät­zen weiß, ist das eben so. Per­sön­lich wür­de ich sagen, Pech gehabt, aber Rei­sen­de soll man bekannt­lich nicht aufhalten.

  7. Klaus Wendel

    Dass die Musik Schuld an der Über­al­te­rung der Tang­o­sze­ne haben soll, leuch­tet mir nicht so ein. Aber ande­rer­seits ist es auch nicht gera­de über­hör­bar, dass der Tan­go in einer Musik­mi­se­re steckt, wenn sich seit 70 Jah­ren ein­fach nichts qua­li­ta­tiv ver­gleich­ba­res mehr wie die EdO-Musik entwickelt.
    Und wenn man als inzwi­schen gealterte/r Tänzer/in 10–20 (bei mir 40) Jah­re lang immer wie­der die ca. 1000 belieb­tes­ten Stü­cke hört und tanzt, erscheint sie sowie­so als Zuhö­rer irgend­wann lang­wei­lig. Auf der Tanz­pis­te aber eher nicht, denn die weni­gen Inter­pre­ten der EdO-Musik haben doch alle musi­ka­lisch ihre Beson­der­hei­ten und Fines­sen, die einem als Tän­zer doch erst nach genaue­rer Ana­ly­se auf­fal­len. Tanz­mu­sik ist eben Tanz­mu­sik und kei­ne Hör­mu­sik! Genau wie Sal­sa, die zum Hören völ­lig unge­eig­net ist – sie geht einem nach kur­zer Zeit schlicht­weg auf den Geist – wenn man sie nicht tanzt. Tan­gos der EdO sind dazu im Ver­gleich schon wesent­lich inter­es­san­ter. (Aber ich habe auch Stü­cke in der EdO-Samm­lung, die ich ein­fach nicht mehr hören und betan­zen möch­te. Mir ist zum Bei­spiel der Sän­ger Raul Berón, der in vie­len Milon­gas rauf und run­ter gedu­delt wird, inzwi­schen ein Graus gewor­den, der Flucht­re­fle­xe auslöst.)
    Wenn man Tanz­stü­cke aller­dings nur nach ihrem „Schrumm-Schrumm-Grund­schlag“ (1–3) oder nach dem „Dau­erst­aka­tos“ der „con­tra tiem­pos“ für „Wie­der­ho­lungs­schlei­fen-Rebo­tes“ beur­teilt, wird man auch kaum etwas inter­es­san­tes dar­an fin­den, zumal, wenn die wenigs­ten Tän­zer in der Lage sind die ent­spre­chen­den Pau­sen oder Syn­ko­pen zu tanzen.
    Ein biß­chen mehr Beschäf­ti­gung im Tan­go­un­ter­richt mit der Musik im Unter­richt, z.B. mit den Beson­der­hei­ten von D’Arienzo, Troi­lo (…da wird’s schon kom­ple­xer!) und Puglie­se wür­de auch wie­der die Wir­kung der Tanz­paa­re auf den Tanz­pis­ten für Zuschau­er attrak­ti­ver machen. Immer­hin sind Musi­ka­li­täts-Work­shops immer belieb­ter gewor­den, sind aber kaum hilf­reich, weil es eben viel Übung braucht. Und das Tan­go­pu­bli­kum ist, was üben angeht, lei­der sehr faul geworden.
    Aber es geht bei Gesell­schaft­s­tan­go eben nicht um sicht­ba­re Kom­ple­xi­tät, wie beim Show­tan­go, son­dern um das gesell­schaft­li­che Event – Part­ner tau­schen – und um das tän­ze­ri­sche Gefühl der Tanzenden.
    Wenn der Tan­go kom­ple­xer getanzt wer­den soll, wird er sich aber nicht so stark ver­brei­ten, weil man dann als Tänzer/in nicht so vie­le Partner/innen dafür fin­den wird.
    Falls der Tan­go aber nicht sehr kom­plex genug – und des­halb attrak­tiv – auf jun­ge Zuschau­er wirkt, wird er auch kaum jun­gen Zuwachs fin­den, denn als Lai­en­zu­schau­er wird man schwer­lich das Tanz­ge­fühl der eng tan­zen­den Paa­re ent­de­cken können. 

    Die ewi­ge Dis­kus­si­on „Tanz­bar­keit von Piaz­zolla“ in Riedls Blog­ar­ti­keln ist für die Tang­o­sze­ne ein­fach nicht rele­vant und „Gar­del“ schon mal gar nicht. Denn man­che Tan­go-Irr­lich­ter wür­den auch Diz­zy Gil­le­spies Musik zu tanz­ba­ren Tan­gos ver­klä­ren, wenn in sei­ner Grup­pe zufäl­lig nur ein Ban­do­ne­on mit­ge­spielt hätte.

    Fazit: Der Tan­go wür­de viel­leicht für jun­ge Leu­te attrak­ti­ver, wenn er kom­ple­xer getanzt würde.
    Aber das gibt der öffent­lich getanz­te Tan­go nicht her. Das Tanz­ge­fühl der Tan­zen­den ist äußer­lich jenen Zuschau­ern nicht zu ver­mit­teln. Und ehr­lich gesagt, wür­de mich als 20-jäh­ri­gen Neu­ling das, was ich auf öffent­li­chen Tanz­pis­ten sehe (wie in die­sem „Salz­burg Video“), auch nicht mehr anlocken.

    • Helge Schütt

      Hal­lo Klaus,
      Ich möch­te ger­ne den Punkt „gesell­schaft­li­ches Event“ unter­strei­chen. Ich habe ja über die TU Darm­stadt Kon­takt zu jün­ge­ren Tän­zern. Und was die­je­ni­gen, die beim Tan­go blei­ben, am meis­ten moti­viert, sind genau die gro­ßen Events. Es ist toll zu sehen, wenn sie mir mit leuch­ten­den Augen davon erzäh­len, was sie in Lis­sa­bon oder (ganz aktu­ell) in Athen erlebt haben.
      Nein, die sind an einer Wohn­zim­mer Milon­ga nicht inter­es­siert, egal, wie gut die Musik dort ist. Die wol­len etwas erle­ben, und zwar in einer gro­ßen, inter­na­tio­na­len Gemeinschaft.
      Lie­be Grüße,
      Helge

      • Ich wüss­te nicht, dass ich irgend­wo geschrie­ben hät­te, jun­ge Leu­te müss­ten sich für Wohn­zim­mer-Milon­gas inter­es­sie­ren (obwohl wir schon Gäs­te von weit­her hatten).
        Sicher sind tou­ris­ti­sche Anrei­ze gera­de für jun­ge Men­schen attrak­tiv – vor­aus­ge­setzt, Papi finan­ziert es, durch halb Euro­pa zu jet­ten. Es sol­le aber auch Stu­die­ren­de geben, die jeden Cent umdre­hen müs­sen. Oder arme Aus­wan­de­rer, die der­einst den Tan­go begründeten.
        Ob die­je­ni­gen, für wel­che der Tan­go eher ein gesell­schaft­li­ches Ereig­nis oder ein Rei­se­ziel ist, bei die­sem Tanz blei­ben, wer­den wir ja in eini­gen Jah­ren oder Jahr­zehn­ten sehen. Die Leu­te, wel­che seit 30 und mehr Jah­ren beim Tan­go sind, waren und sind Tanz­ver­rück­te. Damals waren sol­che Ersatz­mo­ti­ve näm­lich gar nicht im Ange­bot. In wel­che Rich­tung es den Tan­go ver­schiebt, wenn vor­wie­gend die gro­ßen Events, Rei­sen und Schi­cke­ria bestim­men, wer­den wir sehen.

      • > Es ist toll zu sehen, wenn sie mir mit leuch­ten­den Augen davon erzäh­len, was sie in Lis­sa­bon oder (ganz aktu­ell) in Athen erlebt haben.

        Es ist natür­lich ganz toll wegen Tan­go mal kurz für ein Wochen­en­de durch halb Euro­pa zu flie­gen. Da wer­den sie sicher­lich auch mit leuch­ten­den Augen von ihrem C02 Fuß­ab­druck erzäh­len und wie doof sie „Flug­scham“ finden.

        • Das ist auch nicht anders als bei den Fans, die zum Kon­zert von Tay­lor Swift fah­ren oder ihre Fuß­ball-Mann­schaft zu den Spie­len in der Cham­pi­ons League begleiten.

          • Na gut, wenn dem so ist, soll­ten wir aber das Gedöns von der heh­ren „Tan­go­kul­tur“ und dem Tan­go­tanz als gestal­ten­de künst­le­ri­sche Tätig­keit las­sen. Dann ist unser Tanz eben eine Bran­che, in der mit den pas­si­ven Kon­su­men­ten ordent­lich Geld ver­dient wird – wie mit Pop­mu­sik oder Fußball.
            Hal­ten wir das mal im Pro­to­koll fest!

  8. > wenn sich seit 70 Jah­ren ein­fach nichts qua­li­ta­tiv ver­gleich­ba­res mehr wie die EdO-Musik entwickelt.

    Schau dir mal z.B. die musi­ka­li­schen Bio­gra­phien des Solo Tan­go Orques­ta an: http://stango.ru/history/

    Die musi­zie­ren seit frü­hes­ter Kind­heit, haben in renom­mier­ten Aka­de­mien stu­diert, sind bei unzäh­li­gen Fes­ti­vals auf­ge­tre­ten und haben diver­se Prei­se bekom­men. Und du behaup­test ernst­haft, ihr Musi­zie­ren sei qua­li­ta­tiv „nicht vergleichbar“???

    Nur mal als Gedan­ken­spiel: Ver­glei­che „Feli­cia“ in einer his­to­ri­schen Auf­nah­me dei­ner Wahl mit die­ser Ver­si­on https://www.youtube.com/watch?v=Ccbm215pdQI und begrün­de, war­um die his­to­ri­sche Auf­nah­me qua­li­ta­tiv so viel bes­ser ist. Noch bes­ser wäre es, wenn du das Gan­ze einem (Profi-)Musiker erzählst. Ich bin/wäre gespannt, was der dazu sagen würde. 

    > Immer­hin sind Musi­ka­li­täts-Work­shops immer belieb­ter geworden

    Da bezah­len Leu­te einen Hau­fen Geld dafür, dass man ihnen erzählt, dass Tan­go einen 4/4 Takt hat und man sei­ne Schrit­te auf die unge­ra­den Taktschläge/Zählzeiten set­zen soll­te. Ich fin­de die­se Work­shops ein Armuts­zeug­nis, denn die­se Grund­la­gen soll­ten von Anfang an im nor­ma­len Unter­richt ver­mit­telt werden. 

    > Fazit: Der Tan­go wür­de viel­leicht für jun­ge Leu­te attrak­ti­ver, wenn er kom­ple­xer getanzt würde.

    Nö, muss gar nicht sein. Es wäre ja schon ein Fort­schritt, wenn über­haupt wie­der getanzt und nicht nur an der Stel­le gedreht wer­den wür­de. Sie­he dazu https://jochenlueders.de/?p=17121

    • Klaus Wendel

      […] Noch bes­ser wäre es, wenn du das Gan­ze einem (Profi-)Musiker erzählst. Ich bin/wäre gespannt, was der dazu sagen würde. […]

      Mal abge­se­hen davon, dass Du hier sehr spe­ku­la­tiv argu­men­tierst, wäre ich das auch. Denn nur anhand nur einer oder viel­leicht 5 Grup­pen, die viel­leicht an die­se Qua­li­tät her­an­kom­men oder bes­ser spie­len (auch nur sehr spe­ku­la­tiv!), eine all­ge­mei­ne Aus­sa­ge über die heu­ti­ge Qua­li­tät von viel­leicht 5 Grup­pen im Ver­gleicht zu 600 Musi­kern in den 40er Jah­ren in Bue­nos Aires zu machen, ist schon ziem­lich gewagt.

      Wir reden hier von Musi­kern, die z.T. 10 Stun­den am Tag übten, spiel­ten, in der Lage waren im Stil der ent­spre­chen­den Inter­pre­ten gan­ze Stü­cke ad hoc in einem Take bei Plat­ten­nah­men feh­ler­frei zu spielen.
      Ich will hier bestimmt nicht die Leis­tung heu­ti­ger Musi­ker her­un­ter­spie­len, aber ich rede hier von einer unglaub­lich pro­duk­ti­ven Pha­se musi­ka­li­scher Pro­duk­tio­nen, von 15 Jah­ren (Epo­ca de Oro), die mir der heu­ti­gen Zeit, mit hoch­wer­ti­gen, com­pu­ter­ge­stütz­ten Auf­nah­me­tech­ni­ken, gar­nicht ver­gleich­bar ist.
      Ich möch­te mal wis­sen, wie­vie­le Auf­nah­me-Takes die­se von Dir genann­te Auf­nah­me gebraucht hat.
      Ich den­ke auch, dass die spie­le­ri­sche Qua­li­tät viel zu oft allein an der mie­sen Auf­nah­me­qua­li­tät dama­li­ger Stü­cke gemes­sen und beur­teilt wird. 

      Im Übri­gen spie­len die Musik-Hör­ge­wohn­hei­ten ver­schie­de­ner Gene­ra­tio­nen eine nicht unwich­ti­ge Rolle:
      Wäh­rend in zeit­ge­nös­si­scher Pop­mu­sik kaum noch rein akus­ti­sche Instru­men­te zuhö­ren sind, waren die­se in den frü­he­ren Jah­ren der Pop­kul­tur noch häu­fi­ger prä­sent. Klas­sik hören auch nicht mehr so vie­le Jun­gen­d­li­che, die volks­tüm­li­chen Melo­dien des Tan­gos erst recht nicht.
      Die Gene­ra­ti­on also, die ger­ne die­se rein akus­tisch-instru­men­tier­te, aus heu­ti­ger Sicht über­al­ter­te Musik noch ger­ne hört, ist die heu­ti­ge über­al­ter­te Grup­pe in den Milon­gas und Encuen­tros, die aber lang­sam ausstirbt.

      […] Da bezah­len Leu­te einen Hau­fen Geld dafür, dass man ihnen erzählt, dass Tan­go einen 4/4 Takt hat und man sei­ne Schrit­te auf die unge­ra­den Taktschläge/Zählzeiten set­zen soll­te. Ich fin­de die­se Work­shops ein Armuts­zeug­nis, denn die­se Grund­la­gen soll­ten von Anfang an im nor­ma­len Unter­richt ver­mit­telt werden. […]

      Das schrei­be ich doch auch: „Ein biß­chen mehr Beschäf­ti­gung im Tan­go­un­ter­richt mit der Musik im Unter­richt, z.B. mit den Beson­der­hei­ten von D’Arienzo, Troi­lo (…da wird’s schon kom­ple­xer!) und Puglie­se wür­de auch wie­der die Wir­kung der Tanz­paa­re auf den Tanz­pis­ten für Zuschau­er attrak­ti­ver machen.“
      Liest Du eigent­lich die Kom­men­ta­re nicht rich­tig durch? 

      Auch ver­all­ge­mei­nerst Du hier etwas, als wenn Du an so vie­len Work­shops teil­ge­nom­men hät­test, um die all­ge­mei­ne Qua­li­tät beur­tei­len zu können. 

      Und ich schrei­be ja auch nur, dass IMMERHIN das Inter­es­se an Musi­ka­li­täts-Work­shops gestie­gen ist, über deren Qua­li­tät habe ich gar nichts gesagt. 

      […] Nö, muss gar nicht sein. Es wäre ja schon ein Fort­schritt, wenn über­haupt wie­der getanzt und nicht nur an der Stel­le gedreht wer­den würde. […] 

      Wenn wenigs­tens gut gedreht wür­de, wäre das schon ein gewal­ti­ger Fort­schritt. Denn statt­des­sen wird ja nur im „Dau­er-Ocho-Cor­ta­do-Rebo­te-Stak­ka­to“ auf der Stel­le rum­ge­stampft, genau, wie Du es in Dei­nem gelink­ten Arti­kel ja auch beschreibst.
      Im Übri­gen scheinst Du mir ja in Dei­nem Arti­kel nicht zu wider­spre­chen, wenn ich die man­geln­de Attrak­ti­vi­tät der Tanz­küns­te als Grund für die man­geln­de Nach­fra­ge bei Jun­gen­d­li­chen heranziehe.
      Irgend­wie ent­de­cke ich da wie­der ziem­lich vie­le Wider­sprü­che in Dei­ner Begrün­dung, war­um kein Nach­wuchs mehr in Sicht ist.

      • > Ich möch­te mal wis­sen, wie­vie­le Auf­nah­me-Takes die­se von Dir genann­te Auf­nah­me gebraucht hat.

        Mit einer ein­fa­chen Suche hät­test du z.B. die­se Ver­si­on gefun­den: https://www.youtube.com/watch?v=lJgfxm543uc

        > Die Gene­ra­ti­on also, die ger­ne die­se rein akus­tisch-instru­men­tier­te, aus heu­ti­ger Sicht über­al­ter­te Musik noch ger­ne hört […]

        Mit Aus­nah­me des „El Cachi­va­che Quin­te­to“ fällt mir kein zeit­ge­nös­si­sches Tan­go-Orches­ter ein, das NICHT „akus­tisch-instru­men­tiert“ spielt. 

        > Im Übri­gen scheinst […] heranziehe.

        Stimmt!

      • > Die Gene­ra­ti­on also, […] die aber lang­sam ausstirbt.

        Klingt nach einem Abge­sang. Wie siehst du denn die Zukunft des Tan­gos? Wenn es die Musik nicht ist: Wie könn­te man den Tan­go für jun­ge Leu­te attraktiv(er) machen?

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