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Besser Tango tanzen: Führen und Folgen

Ich ver­wen­de im Fol­gen­den ganz tra­di­tio­nell „Mann“ und „Frau“. Für mich ist „der Füh­ren­de“ und „die Fol­gen­de“ ledig­lich umständ­li­cher, denn wir haben ja wei­ter­hin die bei­den Geschlechts-„Zuschreibungen“. Und „der Lea­der“ und „der Fol­lower“ ist noch schlech­ter, denn dann ist stän­dig der Bezug („mit sei­nem rech­ten Arm“) unklar. 

Über kein ande­res The­ma im Tan­go gibt es soviel nebu­lö­ses Geschwur­bel wie beim The­ma „Füh­ren & Folgen“. 

Ein­mal soll­te ich mit der rech­ten Hand hin­ter mei­ner Part­ne­rin den „Raum öff­nen“ und sie „ein­la­den“ die­sen Raum zu „betre­ten“. Sehr beliebt ist auch eine „magi­sche Ver­bin­dung“, ger­ne zwi­schen den Her­zen („cora­zon a cora­zon“), dank derer die Frau spürt, was sie machen soll. Alter­na­tiv führt der Mann mit irgend­ei­nem Chakra, sei­nem Solar ple­xus, mit sei­ner „Ener­gie“, „Aura“ oder mys­te­riö­sen „Mikro­im­pul­sen“. Beson­ders beein­dru­ckend ist, wenn die Füh­rung „ein­fach so, ohne jede Erklä­rung, […] von Rücken­mark an Rücken­mark“ pas­siert.

Kein Wun­der, dass für vie­le Män­ner „füh­ren“ ein ewi­ges Rät­sel bleibt. Die meis­ten fan­gen in ihrer Not an, an der Frau rum­zu­drü­cken und zu schie­ben. Mit ihrer lin­ken Hand (bzw. dem lin­ken Arm) fuhr­wer­ken sie her­um (sie­he dazu die­ses Video), ver­än­dern stän­dig die Höhe bzw. Posi­ti­on und „füh­ren“ z.B. ein Kreuz, indem sie ihren lin­ken Arm stre­cken. Ent­spre­chend drü­cken sie die Frau mit ihrer rech­ten Hand in einen Vor­wärts-Ocho. Ande­re beschlie­ßen so wenig wie mög­lich zu füh­ren und erklä­ren das dann zur gro­ßen Kunst.

Woher kommt die­ses gan­ze geheim­nis­um­wit­ter­te Geschwur­bel rund ums Füh­ren? Der Haupt­grund dürf­te sein, dass die meis­ten Tan­go-Leh­re­rIn­nen von ihren Maes­tros durch rei­nes Vor- und Nach­ma­chen gelernt haben. (So schaut ja auch heu­te noch ein Groß­teil des Unter­richts aus.) Was er da jetzt genau macht, kann der gro­ße Maes­tro lei­der nicht erklä­ren, denn er hat sei­ner­seits auch nur durch Nach­ma­chen gelernt. Er macht sei­ne Bewe­gun­gen schon seit Jahr­zehn­ten und hat sie so auto­ma­ti­siert, dass sie ihm nicht mehr bewusst sind und er sie des­halb auch nicht mehr ver­ba­li­sie­ren kann (oder es viel­leicht auch gar nicht möch­te). Dass Füh­ren eigent­lich ganz ein­fach ist, hat er noch nie gehört und kann es logi­scher­wei­se auch nicht weitergeben. 

Den­sel­ben Effekt kann man auch immer wie­der bei den diver­sen Work­shops von Star-Tän­ze­rIn­nen beob­ach­ten. Die kön­nen ganz groß­ar­tig (vor)tanzen, aber vie­le / die meis­ten (?) kön­nen nicht (oder nur unzu­rei­chend) erklä­ren, was sie da eigent­lich machen und es ent­spre­chend didak­tisch-metho­disch aufbereiten.

Ent­schei­dend ist als Ers­tes zu ver­ste­hen, dass der Mann aus­schließ­lich mit den bei­den Punk­ten führt, an denen die Frau ihn berührt. Das sind bei offe­ner Hal­tung sei­ne lin­ke Hand­flä­che und sein rech­ter Ober­arm. Er führt also NICHT, wo er die Frau berührt, also mit sei­ner rech­ten Hand auf ihrem Rücken (und mit sei­nen Fin­gern auf ihrem Hand­rü­cken). Wenn die Män­ner erst­mal gelernt haben, ihre rech­te Hand ein­fach nur sanft auf dem Rücken der Frau abzu­le­gen und damit NICHT zu drü­cken, ist schon viel gewon­nen. Eine gute Übung für das Füh­ren ist des­halb, nur mit dem Ober­kör­per zu füh­ren. Der Mann lässt sei­ne Arme hän­gen (oder stützt sie in der Hüf­te ab) und die Frau „fasst“ sei­ne Ober­ar­me oder Schul­tern (sie­he die­ses Video). Dadurch wer­den sei­ne Hän­de und Arme „deak­ti­viert“ und er kann nicht mehr schie­ben bzw. drücken.

Der zwei­te ent­schei­den­de Punkt ist, dass die Arm­hal­tung, genau­er gesagt die Win­kel in den Armen, also der „Rah­men“ (frame) nicht ver­än­dert wer­den darf. Der Mann drückt also nicht mit sei­ner lin­ken Hand, indem er den Arm streckt und er zieht auch nicht, indem er den Arm stär­ker beugt. Statt­des­sen ent­ste­hen „Druck“ und „Zug“ z.B. bei Dre­hun­gen aus­schließ­lich über die Rota­ti­on sei­nes Ober­kör­pers. Die Frau leis­tet die gan­ze Zeit über einen leich­ten Wider­stand, auch wie­der ohne den Win­kel in ihren Armen zu ver­än­dern. Wenn der Mann jetzt sei­nen Ober­kör­per nach links dreht, spürt die Frau in ihrer lin­ken Hand Druck und in ihrer rech­ten Zug. Sie gibt dem Druck nach und folgt dem Zug und dreht eben­falls, denn sie ver­sucht stets „beim Mann zu blei­ben“, also den „Rah­men“ kon­stant zu hal­ten. Wenn der Mann sich nach rechts dreht, spürt sie ent­spre­chend in ihrer rech­ten Hand Druck und in ihrer lin­ken Zug und dreht sich ent­spre­chend zur ande­ren Sei­te. Beim Gehen spürt die Frau an bei­den Punk­ten gleich­mä­ßi­gen Druck und setzt die­sen Druck in Rück­wärts-Bewe­gung um. Die­ses Prin­zip von Druck / Wider­stand (pres­su­re / resis­tance) bzw. Druck / Zug (push / pull) wird in die­sem Video erklärt. Und wie man eine Dre­hung führt, wird hier erläutert. 

Ein ganz ein­fa­ches Expe­ri­ment macht das Prin­zip klar. Die Frau berührt den Mann nur an sei­nen Ober­ar­men oder Schul­tern. Der Mann will jetzt los­ge­hen, aber die Frau will ste­hen blei­ben und wider­setzt sich dem Druck. Wie immer soll­ten man die Rol­len tau­schen, damit auch der Mann spürt, wie sich „Füh­rung“ für die Frau anfühlt. 

Kaum ein Tan­go-Leh­rer benennt die Din­ge aller­dings so klar und ver­ständ­lich. Bei „Druck“ und „Wider­stand“ ver­fal­len die meis­ten in Schnapp­at­mung oder wer­den gleich ohn­mäch­tig. Das sind bei­des Begrif­fe, die auf kei­nen Fall aus­ge­spro­chen wer­den dür­fen. Statt­des­sen ist meis­tens die Rede von „Ener­gie“, „Impul­sen“ oder beson­ders beliebt „Ein­la­dun­gen“.

Wenn man das zugrun­de­lie­gen­de Prin­zip ver­stan­den hat, wird auch sofort klar, war­um Füh­ren bzw. Fol­gen in enger Tanz­hal­tung (abge­se­hen vom klei­ne­ren Raum) deut­lich schwie­ri­ger ist. Solan­ge die lin­ke Hand der Frau auf sei­nem Schul­ter­blatt liegt, hat ihr lin­ker Ober­arm immer­hin noch Kon­takt zu sei­nem Ober­arm und kann Füh­rungs­si­gna­le „emp­fan­gen“. Die­ser Kon­takt ist jedoch bereits deut­lich schwä­cher, als wenn ihre Hand auf sei­nem Ober­arm liegt. Je höher sie jedoch ihren Arm nimmt (im Extrem­fall legt sie ihren Arm um sei­nen Hals), des­to weni­ger spürt sie auf ihren lin­ken Sei­te irgend­wel­che Impul­se. Aus einem (aus ihrer Sicht) aus­ge­gli­che­nen links – Mit­te (Brust) – rechts, wird jetzt ein ungleich­mä­ßi­ges Mit­te – rechts. Eine didak­ti­sche Kon­se­quenz aus die­ser Erkennt­nis ist natür­lich, dass man Füh­ren und Fol­gen unbe­dingt erst­mal in offe­ner Tanz­hal­tung ler­nen sollte. 

Ein Essay von Vero­ni­ca Tou­ma­no­va beschäf­tigt sich mit dem The­ma: War­um wir “füh­ren” und “fol­gen” oft missverstehen

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Besser Tango tanzen: Schritte für Männer

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  1. Inter­es­san­ter Arti­kel. Ins­be­son­de­re bei den Maes­tros bin ich kom­plett bei Dir.

    Aber: Das Füh­ren sehe ich kom­plett anders. Das funk­tio­niert defi­ni­tiv nicht über die Phy­sik der Impuls­über­tra­gung. Wenn du mit­tels Impuls­er­hal­tung führst, dann schubst du die Frau durch die Gegend, aber das ist kei­ne beson­ders ange­neh­me Art zu tanzen.
    Nein, sanf­ter und trotz­dem kla­rer ist die Füh­rung über die Ver­bin­dung, kom­plett ohne Kraft. Die Fol­gen­de spürt mei­ne Bewe­gun­gen und mei­ne Kör­per­span­nung. Das reicht völ­lig aus. Das ist mein Füh­rungs­im­puls, den sie dann in ihre eige­ne Bewe­gung umsetzt.
    Und wenn man die­se Ver­bin­dung ein­mal sau­ber erklärt bekommt, dann kann man sie auch sehr schnell ler­nen und anwen­den. Das ist wahr­haf­tig kein Hexenwerk.

    • Sor­ry, aber dein Kom­men­tar wird der Kom­ple­xi­tät des The­mas nicht gerecht. 

      > Nein, sanf­ter und trotz­dem kla­rer […] spürt mei­ne Bewegungen

      Was heißt denn „Ver­bin­dung“ genau und wie bzw. wo „spürt“ die Frau dei­ne Bewe­gun­gen? Ich beschrei­be sehr kon­kret, wie die „Ver­bin­dung“ mei­ner Mei­nung nach aus­sieht und wo die Frau was spürt. Wenn du ande­rer Mei­nung bist, dann musst du schon auch ent­spre­chend mehr ins Detail gehen.

      • Ich wer­de dazu wohl einen Blog Arti­kel schrei­ben müs­sen. Ich mel­de mich, wenn ich den fer­tig geschrie­ben habe.

        Spoi­ler vor­ab: Man kann auch kom­plett ohne Kör­per­kon­takt füh­ren. Das ist ins­be­son­de­re mei­ne Emp­feh­lung an Füh­ren­de, die mei­nen, dass eine kla­re Füh­rung über mehr Kraft und stär­ke­re Impul­se erreicht wird. Aber das macht es ja in Wirk­lich­keit nur noch schlimmer.

        • > Ich wer­de dazu wohl einen Blog Arti­kel schrei­ben müssen.

          Es wür­de schon rei­chen, wenn du in ein paar Sät­zen beschrei­ben wür­dest, wie dei­ne mys­te­riö­se „Ver­bin­dung“ (kann ja wohl nur die Umar­mung / Tanz­hal­tung sein) funktioniert. 

          > Man kann auch kom­plett ohne Kör­per­kon­takt führen.

          Aha, Män­ner ler­nen also das Füh­ren mit Kör­per­kon­takt, indem sie ler­nen OHNE Kon­takt zu füh­ren? Unter­rich­test du so einen Quatsch?

          > mehr Kraft

          Was hast du eigent­lich stän­dig mit „Kraft“? Ich benut­ze das Wort kein ein­zi­ges Mal.

      • Zum The­ma „Kraft“: Du sprichst nicht von Kraft, son­dern von „Zug“ und „Druck“, die dei­ner Mei­nung nach für die Füh­rung benö­tigt wer­den. Bei­des erfor­dert Kraft oder etwa nicht?

      • Ja, in der Tat unter­rich­te ich sol­chen „Quatsch“. Und zwar mit gutem Erfolg. Gera­de ges­tern Abend kam ein Schü­ler von mir auf einer Milon­ga zu mir, nach­dem er mit einer erfah­re­nen Milonguera getanzt hat­te und sag­te mir: „Das geht ja alles feder­leicht. Mit ihr konn­te ich auch die wil­des­ten Dre­hun­gen ohne jede Anstren­gung tanzen.“

        • > Ja, in der Tat unter­rich­te ich sol­chen „Quatsch“.

          Na dann, ERKLÄR doch mal, wie du unter­rich­test bzw. wie das mit der Füh­rung ohne Kör­per­kon­takt funk­tio­niert. Geht ja dann wohl nur über Blick­kon­takt. Der Mann geht los, die Frau sieht das und geht auch los. Sie sieht, dass er dreht und des­halb dreht sie auch. Soweit alles klar. Was haben die bei­den bis­lang über Füh­rung gelernt? Und vor allem: Wie geht’s jetzt weiter?

      • Das ist ja genau dein fun­da­men­ta­ler Irr­tum. Du gehst davon aus, dass Füh­rung über Zug und Druck funk­tio­niert. Des­we­gen brauchst Du natür­lich auch Ansatz­punk­te, über die die­ser Zug und Druck an die Fol­gen­de über­tra­gen werden.

        Ich habe hier beschrie­ben, wie Füh­rung mei­ner Ansicht nach funk­tio­niert: https://helgestangoblog.blogspot.com/2023/04/fuhren-und-folgen.html

        Wie Du siehst, kom­me ich kom­plett ohne Zug und Druck aus und brau­che dem­entspre­chend auch kei­ne Ansatz­punk­te, über die die­se Kräf­te über­tra­gen werden. 

        Zur Ver­bin­dung schrei­be ich in den nächs­ten Tagen noch etwas.

        • > Ich habe hier beschrie­ben, wie Füh­rung mei­ner Ansicht nach funk­tio­niert: […] Die Ver­bin­dung erfor­dert kei­ner­lei phy­si­schen Kon­takt […] Der Füh­ren­de bewegt sich wie oben beschrie­ben. Dann wird die Fol­gen­de die­se Füh­rungs­im­pul­se auf­neh­men und in eige­ne Bewe­gun­gen umset­zen. Das funk­tio­niert. Ein­fach so, ohne jede Erklärung.

          An die­ser Stel­le wür­de ich die Dis­kus­si­on ger­ne been­den. Füh­rung ohne „phy­si­schen Kon­takt“, die „ein­fach so“ gelingt. Sor­ry, das ist mir ein­fach zu doof.

      • Hal­lo Jochen,
        ich habe jetzt auch den Blog Bei­trag zur Ver­bin­dung fer­tig­ge­stellt, sie­he https://helgestangoblog.blogspot.com/2023/05/verbunden-im-hier-und-jetzt.html
        Viel Spaß beim Lesen und Ausprobieren!
        Lie­be Grüße,
        Helge

        • Ich bewun­de­re dei­nen Mut so einen hane­bü­che­nen Unsinn zu ver­öf­fent­li­chen und dich damit zum Gespött der gan­zen Sze­ne zu machen. Neh­men wir nur mal dein lächer­li­ches „Beweis“-Video. Das ist ein Show­auf­tritt und für den Anfang haben sie die­se Kom­bi­na­ti­on aus Kreuz- und Rebound-Schrit­ten ein­ge­übt. Mit jeder bes­se­ren Tän­ze­rin tan­ze ich das nach ca. 20 Minu­ten genau­so. Dafür braucht’s kei­ne mys­te­riö­se „Rückenmark“-Verbindung.

          > „Wenn du die­ses siehst, dann tue jenes“
          > es gibt kein „rich­tig“ oder „falsch“.

          Tota­ler Quatsch. Sie soll nach­ma­chen, was er vor­macht (was ja auch nicht immer gelingt). Natür­lich wäre es falsch, wenn sie plötz­lich anfan­gen wür­de Ochos zu tan­zen. Es ist eine ein­stu­dier­te CHOREO!

          > Es gibt in der Ver­bin­dung kein „Push“ oder „Pull“.

          Natür­lich nicht, sie berüh­ren sich ja gar nicht. Die bei­den haben das Gan­ze ein­stu­diert und außer­dem SIEHT sie, was er macht.

  2. Hal­lo Jochen,
    das Pro­blem, das auch ich beim Ler­nen bei Leh­rern hat­te, dass kaum kon­kre­te Hil­fen oder Anlei­tun­gen für die Füh­rung ver­mit­telt wur­den. Bei Anto­nio Toda­ro wur­de viel mit den Armen und den Hän­den und dem Ober­kör­per geführt, die Füh­rung war sehr unmit­tel­bar mit „mecha­ni­schen Mit­teln“ für die Frau­en alles ande­re als ange­nehm. Aller­dings hat Anto­nio in einer Zeit (Anfang der 60er) unter­rich­tet, in der fast nur Män­ner in Pràc­ti­cas lern­ten und das Gelern­te am Wochen­en­de mit ihren Part­ne­rin­nen umset­zen soll­ten. Die­se Män­ner lern­ten aber über die Frau­en­rol­le das Bewe­gungs­re­per­toire der Frau­en und auch wel­che „mar­cas“ man braucht. Die­ses Ver­ständ­nis fehlt den meis­ten Män­nern heu­te, des­halb ist es gut, wenn man Tan­go per „dou­ble role“ lernt.
    Ich hat­te mal vor Jah­ren eine gute Unter­richts­stun­de bei Ser­gio Moli­ni und Gisel­le Graef-Mari­no. (Brüs­sel) Sie erklär­te mir, dass das Füh­ren für sie eher dem „Öff­nen von Räu­men“ ent­spricht, die sie dann auch ger­ne „betritt“. ER soll­te als IHR recht­zei­tig im musi­ka­li­schen Timing den Raum für den nächs­ten Schritt anzei­gen und öff­nen. Die Umar­mung „blo­ckiert“ oder „öff­net“ die­se Räu­me. Es ist aber nicht nur ein tech­ni­sches Pro­blem, son­dern auch ein men­ta­les: Die Füh­ren­den soll­ten zuerst immer men­tal die jewei­li­gen Bewe­gungs­mög­lich­kei­ten und das Timing der Part­ne­rin „ver­ste­hen“ und effek­tiv, also ohne gro­ßen tech­ni­schen Fir­le­fanz, anlei­ten. Die Bewe­gun­gen des Man­nes sind dann immer nur Reak­ti­on, also Kon­se­quenz, auf die Bewe­gun­gen der Frau – erfolgt also auch, bzw. beglei­te sie.
    Die Übun­gen dazu, wie man die­ses Unter­fan­gen ver­mit­teln sol­len, sind sehr umfang­reich und ver­lan­gen viel Ein­füh­lung und Bewe­gungs­ver­ständ­nis. Man­che Män­ner ler­nen es sehr schnell, aber die­je­ni­gen, die nur an ihre eige­nen Schrit­te den­ken, ler­nen es fast garnicht.
    Für Bewe­gungs­leg­asthe­ni­ker im fort­ge­schrit­te­nen Alter ohne­hin eine völ­li­ge Überforderung.

    • > Sie erklär­te mir […] anzei­gen und öffnen.

      Das ist zwei­fels­oh­ne ein schö­nes Bild, aber ich wür­de (vor allem als Anfän­ger) natür­lich gleich als nächs­tes fra­gen: WIE soll ich bit­te­schön die­sen Raum „öff­nen“? Und wenn ich dann als Ant­wort bekom­me, dass ich die Frau zu ihren Seit­wärts­schritt (oder was auch immer) „ein­la­den“ soll, dann bin ich kei­nen Deut schlau­er, weil ein­fach nur eine Meta­pher (einen Raum öff­nen) durch eine ande­re (jeman­den zu etwas ein­la­den) ersetzt wurde. 

      Wenn du mir hin­ge­gen sagst, dass ich mein Gewicht aufs ande­re Bein ver­la­gern soll und gleich­zei­tig den Ober­kör­per irgend­wo­hin dre­hen soll, dann kann ich das umsetzen. 

      Wenn ich einem Mann erklä­ren will, wie er das Damen-Solo beim Dis­co Fox füh­ren soll, sag ich ihm, dass er sei­ne lin­ke Hand heben und mit sei­ner rech­ten Hand leich­ten (!) Druck auf ihre Schul­ter aus­üben soll. Das ver­steht er nor­ma­ler­wei­se und kann es (mit ein biss­chen Übung) umset­zen. Wenn ich ihm jedoch sage, dass er mit sei­ner lin­ken Hand den Raum für ihr Solo „öff­nen“ oder zu einem Solo „ein­la­den“ soll, hat er kei­ne Ahnung was er machen soll. 

      > Die Bewe­gun­gen des Man­nes sind dann immer nur Reaktion

      Das mag auf (sehr) fort­ge­schrit­te­nem Niveau so sein, für den Anfangs­un­ter­richt bringt die­ses Kon­zept m.E. gar nichts und ver­wirrt nur.

      • Ich kann durch­aus ver­ste­hen, dass man mit Meta­phern wenig anfan­gen kann und kon­kre­te Anlei­tun­gen braucht. Das kann man nur anhand eines Bei­spiels und wenn man ein­mal damit schrift­lich anfängt, wird die Beschrei­bung so kom­plex, dass dabei meis­tens Miss­ver­ständ­nis­se ent­ste­hen. Tan­go schrift­lich erklä­ren wird dann ein unend­li­ches Unter­fan­gen. Ich glau­be, dass im prak­ti­schen Unter­richt viel kon­kre­te­re Hin­wei­se und Hil­fen kom­men. Wenn ich aber erklä­re, dass die Füh­rung zum Öff­nen meis­ten über eine Dre­hung der Schul­tern erfolgt, ist die Bewe­gungs­be­schrei­bung allein nicht hilf­reich, weil sie immer im Kon­text zur Bewe­gung der Part­ne­rin sinn­voll ist. Eine Beschrei­bung der Gewichts­ver­la­ge­rung nutzt auch nichts, weil man die Part­ne­rin auch im gekreuz­ten Schritt­sys­tem mit kon­trä­rer Gewichts­ver­la­ge­rung füh­ren kann. Also braucht man zur schrift­li­chen Beschrei­bung schon eini­ge Para­me­ter, die nur alle zusam­men­ge­nom­men Sinn erge­ben. Kennst Du zum Bei­spiel alle Bewe­gungs­sys­te­me im Tan­go: z.B. das linea­re oder kon­trä­re Rich­tungs­sys­tem, oder das par­al­le­le oder kon­trä­re Rota­ti­ons­sys­tem? oder alle wich­ti­ge Ach­sen? Alles struk­tu­rel­le Beschrei­bun­gen. Ich will aber hier nicht dozie­ren, son­dern nur auf die Schwie­rig­keit der Tan­go-Bewe­gungs­ana­ly­se hin­wei­sen, denn nicht umsonst gibt es kom­ple­xe Nota­tio­nen wie z.B. Laban oder die „Struk­tur des Tan­gos“ von Mau­ricio Cas­tro. Das ist das was das Trio Navei­ra, Salas und Chicho, (bzw. Veron) als „Tan­go nue­vo“ Mit­te der 90er Jah­re ent­wi­ckel­ten. Des­halb ist die For­de­rung nach Erklä­run­gen, die nicht Meta­phern ähneln, sehr schwierig.
        Zum Bei­spiel das Wort „Impul­se“: Es gibt sehr vie­le Arten von Impul­sen, aber trifft den als Bild den Nagel auf den Kopf.

        • > Kennst Du zum Bei­spiel alle Bewe­gungs­sys­te­me im Tango

          Nein, wozu auch? Mich inter­es­siert aus­chließ­lich, wie ich einem Anfän­ger das Prin­zip der Füh­rung klar­ma­chen kann. Dazu brau­che ich auch kei­ne „kom­ple­xen Notationen“. 

          > Ich glau­be, dass im prak­ti­schen Unter­richt viel kon­kre­te­re Hin­wei­se und Hil­fen kommen.

          Rich­tig, und nur die inter­es­sie­ren mich. Eine Meta­pher ist per defi­ni­tio­nem „bild­lich“ und nicht konkret. 

          > Tan­go schrift­lich erklä­ren wird dann ein unend­li­ches Unterfangen.

          Nö, was du kon­kret sagen kannst, kannst du auch schrei­ben. Dass das allei­ne nicht reicht und das Spü­ren / Füh­len dazu­kom­men muss, ist ja eh klar.

  3. Ein lan­ger Arti­kel; ich habe ihn ger­ne gele­sen. Mein Tan­go ent­wi­ckelt sich gera­de kom­plett anders. Die Füh­rung mit­tels irgend­wel­cher Impul­se (aus wel­chem Arm auch immer) habe ich mir schon vor Jah­ren abge­wöhnt und ver­su­che immer mehr Kraft aus mei­nen Impul­sen zu nehmen.
    Bei Melina und Det­lef habe ich vor etwa 10 Jah­ren das Kon­zept der gegen­läu­fi­gen Ober­kör­per­be­we­gung (Coun­ter­bo­dy Move­ment) in mei­nen Tan­go impor­tiert (gemeint ist, dass ich – wenn ich bei­spiels­wei­se mit dem lin­ken Fuß einen Vor­wärts­schritt machen möch­te – die lin­ke Schul­ter leicht zurück neh­me. Viel­leicht kann man es am bes­ten nach­voll­zie­hen, wenn man ohne Benut­zung eines Gelän­ders eine Trep­pe frei­hän­dig hin­auf­geht. Da ist die gegen­läu­fi­ge Ober­kör­per­be­we­gung schon aus Balance­grün­den sehr ausgeprägt.
    Bei Celi­ne und Alexis wan­delt sich die­ses Kon­zept nun. Sie pro­pa­gie­ren eine Kom­mu­ni­ka­ti­on im Paar, die aus der Drei­eck­sach­se her­aus ent­steht. Die Eck­punk­te die­ses Drei­ecks sind die bei­den Füße und der Schwer­punkt des eige­nen Kör­pers. Ver­knüpft mit der Ver­wur­ze­lung im Boden ent­ste­hen Impul­se, die trans­por­ta­bel sind (bes­ser kann ich es in der Kür­ze die­ser Bemer­kung nicht beschreiben).
    Bei­de Kon­zep­te ver­zich­ten total auf die Arme (sowohl für Push als auch für Pull). Det­lef hat­te ein­mal die Devi­se aus­ge­ge­ben: Arme die umar­men arbei­ten nicht. Den Gedan­ken fin­de ich unmit­tel­bar einleuchtend.
    Wenn man die­se Ideen mit einem alter­na­ti­ven Ver­ständ­nis von Füh­ren und Fol­gen kom­bi­niert (Vor bei­na­he 15 Jah­ren hat das ein Aus­tra­li­scher Tan­gue­ro in der Mai­ling­lis­te TANGO‑L ein­mal so beschrie­ben: • The man & the woman need to be able to dance inde­pendent­ly in order to achie­ve true con­nec­tion. • The woman needs to help the man just as much as he helps her (for exam­p­le, in turns). • If the woman is going to relax in the dance, she needs to feel secu­re. • To achie­ve con­nec­tion in tan­go, the man & the woman need to dance as equ­als. • In tan­go, the man pro­po­ses, the woman responds, then he fol­lows her.), kann man sehr ent­spannt und ohne Kraft­aus­übung über Stun­den wun­der­schön tanzen.

    • Klaus Wendel

      Lie­ber cassiel,
      die Beschrei­bung des aus­tra­li­schen Tän­zers „…In tan­go, the man pro­po­ses, the woman responds, then he fol­lows her…“ erklärt auch mei­nen Satz > Die Bewe­gun­gen des Man­nes sind dann immer nur Reak­ti­on dar­auf – auf Ihre Akti­on- am bes­ten. Dan­ke für die­se wun­der­ba­re Erklärung.
      Aller­dings ist die For­mel „Arme die umar­men arbei­ten nicht“ zwar wahr, aber eine Umar­mung kann auch ent­spannt, ohne Akti­on, Bewe­gun­gen blo­ckie­ren oder öff­nen. Allein schon wenn sich die Kör­per an einer Stel­le berüh­ren, kann die­ser Berüh­rungs­punkt bei­de dazu ver­füh­ren, ihn zum per­ma­nen­ten Refe­renz­punkt der Umar­mung mit sehr ein­ge­schränk­ter Bewe­gungs­frei­heit zu machen. Ein viel­fach beob­ach­te­tes Phä­no­men bei „Eng­tän­zern“.

    • > mehr Kraft / Arme die umar­men arbei­ten nicht / ohne Kraftausübung

      Nur zur Klar­stel­lung: An kei­ner Stel­le schrei­be ich irgend­was von „Kraft“ oder „arbei­ten“. Natür­lich asso­zie­ren wir „Druck“ mit „Kraft“ (z.B. eine Tür auf­drü­cken), aber wenn du – wie ich hof­fe – die bei­den Video ange­se­hen hast, hast du gese­hen, dass da kei­ne „Kraft“ ange­wandt wird. 

      Natür­lich wen­den Anfän­ger zu Beginn zu viel Kraft auf, ein­fach weil die Bewe­gung noch zu grob und nicht dif­fe­ren­ziert genug ist. Aber das ist bei jeder neu­en Bewe­gung so, egal ob du Bag­gern im Vol­ley­ball oder einen Dreh­im­puls im Dis­co Fox ler­nen willst. 

      > Die Füh­rung mit­tels irgend­wel­cher Impul­se […] habe ich mir schon vor Jah­ren abge­wöhnt. / ent­ste­hen Impul­se, die trans­por­ta­bel sind

      Tut mir leid, aber nach den übli­chen Regeln der Logik ergibt das kei­nen Sinn. Ent­we­der es gibt irgend­wel­che (magi­schen) Impul­se oder es gibt keine. 

      Und wenn du z.B. dei­ne „lin­ke Schul­ter leicht zurück­nimmst“, dann ist genau das der Impuls, auf den dei­ne Part­ne­rin reagiert. Dann geht dei­ne rech­te Schul­ter leicht nach vor­ne und dei­ne Part­ne­rin spürt in ihrer lin­ken Hand einen leich­ten / sanf­ten / sub­ti­len / mini­ma­len „Druck“ (kei­ne „Kraft“!) und in ihrer rech­ten Hand den ent­spre­chen­den „Zug“ und wird sich mit­dre­hen. Und schon hast du einen Impuls „trans­por­tiert“. 😉

    • > The man & the woman need to be able to dance inde­pendent­ly in order to achie­ve true connection.

      Das sind so Sprü­che / „Weis­hei­ten“, die ohne nähe­re Erklä­rung mei­ner Mei­nung nach völ­lig sinn­los / nichts­sa­gend sind. Das ent­schei­den­de Wort ist hier „inde­pendent­ly“ (unab­hän­gig von­ein­an­der). Was ist damit gemeint? 

      Jeder soll in sei­ner Ach­se ste­hen und sich nicht am ande­ren fest­hal­ten bzw. sich an ihn leh­nen? Einverstanden. 

      Der Mann soll so wenig wie mög­lich füh­ren, damit die Frau „unab­hän­gig“ / „selb­stän­dig“ den Tanz sel­ber gestal­ten kann? Nö, nicht ein­ver­stan­den, das ist genau das Gegen­teil von „true con­nec­tion“ (vgl. https://jochenlueders.de/?p=15907)

    • Drei Dau­men hoch. Genau­so funk­tio­niert Führung.

      • Jetzt wäre es hilf­reich zu wis­sen, was genau du meinst. Ich ver­mu­te mal, du meinst die Riedl­sche Tunix-Phi­lo­so­phie. Also, die bes­te Füh­rung ist die, die gar nicht statt­fin­det. WAS bringst du dann eigent­lich dei­nen Män­nern bei?

        • Ich mei­ne genau das hier:
          „Bei­de Kon­zep­te ver­zich­ten total auf die Arme (sowohl für Push als auch für Pull).“

          Mei­nen Füh­ren­den brin­ge ich genau das bei, was ich in mei­nem Blog Bei­trag beschrie­ben habe: Geführt wird aus­schließ­lich über Kör­per­span­nung und Bewe­gun­gen des Ober­kör­pers. Nicht über die Arme und nicht über die Bei­ne. Und das ist eine ziem­lich anspruchs­vol­le Arbeit, die nicht das Gerings­te mit einer „Tunix-Phi­lo­so­phie“ zu tun hat.

          Offen­bar ist Dir dabei nicht klar, wie die Kom­mu­ni­ka­ti­on im Paar über die Ver­bin­dung funk­tio­niert. Das ist in der Tat hier im Forum schwer zu beschrei­ben. Am ein­fachs­ten wäre es wohl, wenn ich es dir bei einem per­sön­li­chen Tref­fen mal zei­gen würde.

  4. Klaus Wendel

    Hal­lo Jochen,
    Wir haben doch anfangs von Füh­rung beim Tan­go im All­ge­mei­nen gespro­chen. Zumin­dest Dein Arti­kel han­delt doch auch nicht von kon­kre­ten Füh­rungs­si­tua­tio­nen, son­dern von Füh­rungs­prin­zi­pi­en. Die­se beinhal­tet vie­le unter­schied­li­che Beschrei­bun­gen, die auch in vie­len unter­schied­li­che tän­ze­ri­sche Situa­tio­nen jeweils völ­lig anders sind. Wenn Du das kon­trä­re Rota­ti­ons­prin­zip ken­nen wür­dest, wüss­test Du, dass die Schul­tern bei­der Tanz­part­ner in der Umar­mung zuein­an­der par­al­lel oder kon­trär (das „anein­an­der rollen“-Prinzip) rotie­ren kön­nen. Bei­des sind völ­lig unter­schied­li­che Bewe­gun­gen, abhän­gig davon, ob die Part­ne­rin vor­wärts- oder rück­wärts kreu­zen möchte/soll. Allein schon des­halb, kann man kei­ne all­ge­mein-gül­ti­ge, kon­kre­te Anwei­sun­gen machen. Hier kann man also nur all­ge­mei­ne Prin­zi­pi­en der Füh­rung anhand von Meta­phern benut­zen. Bei kon­kre­ten Situa­tio­nen, z.B. : „wie führ­te man einen Vor­wärts-Ocho auf der geschlos­se­nen Sei­te?“, könn­te man eine genaue, kon­kre­te Beschrei­bung machen. (kon­trä­re Rota­ti­on der Schul­tern: also rech­te Schul­ter zurück­neh­men, die rech­te Hand etwas lösen, viel Raum für ihren Schritt las­sen, usw. ‑ande­re Tän­zer machen es viel­leicht anders, bei mir funk­tio­niert es so)
    Aber was Du mit Dei­nem Wunsch nach kon­kre­ten Beschrei­bun­gen für Füh­rung im all­ge­mei­nen ver­langst, ist uns also gar­nicht möglich.
    Das ist so, als wenn Du eine Anlei­tung für das Auto­fah­ren allein auf Lenk­be­we­gun­gen redu­zie­ren würdest.
    Mit freund­li­chen Grüßen
    Klaus Wendel

    • > Aber was Du mit Dei­nem Wunsch nach kon­kre­ten Beschrei­bun­gen für Füh­rung im all­ge­mei­nen ver­langst, ist uns also gar­nicht möglich.

      Dann erklär doch mal, war­um das Kon­zept in dem von mir ver­link­ten Video (https://www.youtube.com/watch?v=QY1wdFsO3hE) dei­ner Mei­nung nach falsch ist. Es ist „all­ge­mein“, klar, ein­fach und es funktioniert: 

      „Adam Cor­nett was born and rai­sed in Port­land, Ore­gon. He began dancing in 2000 when he was 18 years old. After lear­ning many dances Adam quit lear­ning all the other dances so that he could focus spe­ci­fi­cal­ly on Argen­ti­ne Tan­go. Adam taught local­ly for 12 years in Port­land with just a few tra­ve­ling jobs in tho­se years. In 2014 Adam moved to Bos­ton to part­ner with Til­ly Kimm, his first pro­fes­sio­nal partner. 

      Adam and Til­ly were invi­ted to teach in many fes­ti­vals and to teach work­shops in many cities around the US and the World. Adam and Til­ly won the US Salon Cham­pi­on­ship in 2016. In 2018 Adam part­ne­red with world Cham­pi­on Maria Ines Boga­do for a short tour in the US and in 2018–2019 Adam part­ne­red with world cham­pi­on Jesi­ca Arfenoni.

      In 2019 Adam moved to Chi­na to teach tan­go in Bei­jing and taught at the pres­ti­gious Bei­jing Dance Aca­de­my. “ (Quel­le: https://tangowithadam.com)

      Das ist also kein Kasch­perl, der kei­ne Ahnung hat, wovon er redet.

      • Klaus Wendel

        Weder habe ich mich irgend­wann mal über die­ses Video geäu­ßert oder habe ich die­ses Paar beur­teilt oder dis­qua­li­fi­ziert, noch habe ich irgend­ei­ne Beschrei­bung von Dir kritisiert.
        Die­se beschrie­be­ne Tech­nik ist doch bekannt und wird doch auch oft umgesetzt.
        (Es funk­tio­niert aber auch anders, gibt also Alter­na­ti­ven.) Es gibt also nicht immer nur eine Tech­nik, son­dern meh­re­re. Man kann bei die­ser Tech­nik aller­dings mit hoher Span­nung oder aber auch ohne Span­nung, also mit win­zi­gen Impul­sen. füh­ren. Der Nach­teil ist, dass in der Pra­xis die meis­ten Paa­re dabei eine hohe Dau­er­an­span­nung auf­recht­erhal­ten, wie beim Arm­drü­cken. Außer­dem ist sie nicht so kom­pa­ti­bel, weil sie nicht alle ken­nen. Denn die Hände(Arme) funk­tio­nie­ren in die­sem Fall wie „Tele­fo­ne“ zur Ver­stän­di­gung, er gibt die Impul­se, sie emp­fängt, ohne die­ses häß­li­che Rudern mit den Armen (wie Du es auch beschreibst). Und ich arbei­te damit auch schon sehr lange.
        Die unter­schied­li­chen Umar­mun­gen jedoch, zum Bei­spiel – eng oder offen – (wobei nicht die Nähe der Part­ner zuein­an­der gemeint ist, son­dern die Bewe­gungs­frei­heit), ver­lan­gen auch ande­re Füh­rungs­tech­ni­ken. Die Füh­run­gen von Chicho Frum­bo­li oder Teté Rus­co­ni sind, je nacht Tanz­stil, völ­lig unter­schied­lich. (obwohl Chicho bei­de beherrscht) Die Umar­mung der Con­test-Pis­ta-Tän­zer ist anders als die Tän­zer des Milongue­ro-Tän­zers, Cany­en­gue anders als Tan­go de Salon.
        Die Inter­es­sen der Tanz­schü­ler in Beg­in­ner­kur­sen sind oft völ­lig unter­schied­lich: Eini­ge möch­ten viel Part­ner­tausch, die andern nur „offen“ mit ihren eige­nem Part­nern vie­le Figu­ren tanzen.
        Den Feh­ler, den vie­le Leh­rer machen, ist der, dass sie alles auf ihren eige­nen Tanz­ho­ri­zont beschrän­ken und damit zwi­schen falsch und rich­tig entscheiden.
        Du sagst zum Bei­spiel, das bei­de Tanz­part­ner „zumin­dest in ihrer Gleich­ge­wicht­ach­se“ ste­hen soll­ten. (Stim­me ich mit über­ein, weil sich die enge Hal­tung gar­nicht auf alle Paa­re allein schon wegen Grö­ßen­un­ter­schied über­tra­gen läßt.) In B.A. ist das hin­ge­gen gar­nicht so ein­deu­tig. Vie­le tan­zen dort gegen­ein­an­der gelehnt.
        Die­se Tech­nik im Video geht also von einer bestimm­ten Umar­mung aus, damit sie funk­tio­niert. Eng­tän­zer, die ihre Schul­tern immer nur par­al­lel zuein­an­der aus­rich­ten, kön­ne damit nichts anfangen.
        Also, die Viel­falt der Füh­rungs­tech­ni­ken, auch der Umar­mun­gen, der Inter­es­sen, ver­langt unter­schied­li­che Füh­rungs­tech­ni­ken, und nicht nur die EINE. Des­halb ist eine Dis­kus­si­on dar­über so schwie­rig, man müss­te erst ein­mal die Kri­te­ri­en festlegen.

        • > Weder habe […] Dir kritisiert.

          Habe ich auch gar nicht behaup­tet bzw. impliziert. 😉

          > Die­se beschrie­be­ne Tech­nik ist doch bekannt und wird doch auch oft umgesetzt.

          Mag sein, aber so klar und ein­fach erklärt und beschrie­ben wird sie mei­nes Wis­sens NIE. Das sieht man ja schon an den bis­he­ri­gen Kom­men­ta­ren, wo die Leu­te immer gleich an „Kraft“, „arbei­ten­de“ Arme usw. denken. 

          > Es funk­tio­niert aber auch anders, gibt also Alternativen.

          Auch das habe ich nie bezwei­felt. Was mich (und dich ja wohl auch) inter­es­siert: Was ist die für Anfän­ger bes­te Methode? 

          > Und ich arbei­te damit auch schon sehr lange.

          Wun­der­bar, dann sind wir uns ja einig. 

          > Der Nach­teil ist, dass in der Pra­xis die meis­ten Paa­re dabei eine hohe Dau­er­an­span­nung aufrechterhalten

          Stimmt, aber das hat meis­tens viel tie­fer­lie­gen­de Ursa­chen wie schlech­te Hal­tung und dar­aus resul­tie­ren­de Ver­span­nun­gen und Koor­di­na­ti­ons­pro­ble­me. Das kriegt man nicht mit ein paar Locke­rungs­übun­gen weg. 

          > Vie­le tan­zen dort gegen­ein­an­der gelehnt.

          Wenn das den Leu­ten gefällt, sol­len sie es ger­ne so machen. Ich wür­de es ledig­lich Anfän­gern NICHT so bei­brin­gen. Vor allem wegen der nega­ti­ven Fol­gen fürs (ent­spann­te) Gehen (sie­he https://jochenlueders.de/?p=16147).

          Ich bin ja eh dafür, dass die Leu­te auf fort­ge­schrit­te­nem Niveau auch ande­re Sti­le ken­nen­ler­nen und aus­pro­bie­ren, bzw. dass man ihnen zumin­dest mal sagt, dass es auch ande­re Sti­le gibt. 

          > und damit zwi­schen falsch und rich­tig entscheiden.

          Das wäre jetzt eine neue Diskussion. 😉 

          Wir sind uns doch einig, dass wir das Riedl­sche „Im Tan­go gibt es kein rich­tig und falsch“ ableh­nen. Natür­lich IST es (unab­hän­gig von irgend­ei­nem Stil) falsch, wenn der Mann die Frau im Schraub­stock hält, mit sei­ner rech­ten Hand an ihr rum­zerrt, ihre rech­te Hand abknickt und/oder ver­dreht bzw. wenn sie an ihm wie Sack hängt. 

          Aber ich den­ke, du meinst, dass man einen bestimm­ten Stil nicht von vor­ne­her­ein ableh­nen soll­te und da stim­me ich abso­lut zu. 

          > man müss­te erst ein­mal die Kri­te­ri­en festlegen.

          Die sind doch im Anfän­ger­be­reich ganz ein­fach: Die Leu­te sol­len schnell Erfolgs­er­leb­nis­se und Spaß am Tan­zen haben / bekom­men. Der Mann soll mög­lichst schnell stress­frei das Kreuz, den Ocho (oder was auch immer) füh­ren und die Frau soll ihn mög­lichst schnell stress­frei „ver­ste­hen“ kön­nen und sich vor allem wohl fühlen.

  5. Klaus Wendel

    Hal­lo Jochen,
    […]Wir sind uns doch einig, dass wir das Riedl­sche „Im Tan­go gibt es kein rich­tig und falsch“ ableh­nen. Natür­lich IST es (unab­hän­gig von irgend­ei­nem Stil) falsch, wenn der Mann die Frau im Schraub­stock hält, mit sei­ner rech­ten Hand an ihr rum­zerrt, ihre rech­te Hand abknickt und/oder ver­dreht bzw. wenn sie an ihm wie Sack hängt.[…]
    Ich unter­schei­de da eher zwi­schen „bequem und unbe­quem“, häß­lich und ele­gant“, „effek­tiv und inef­fek­tiv“. Man­che Füh­rung ist unbe­quem, aber effek­tiv und erfüllt damit sei­nen Zweck (aber nicht, wenn man sei­ne Part­ne­rin län­ger genie­ßen möchte. 😀 ).
    Ich ken­ne vie­le Tän­zer, die nicht ele­gant füh­ren, aber sehr beliebt sind. Für Salon­tän­zer ist unele­gant aber falsch. Wer ent­schei­det jetzt was falsch oder rich­tig ist? Die Part­ne­rin­nen oder die Zuschauer?
    Natür­lich erklä­re ich im Unter­richt, wie es sein soll­te, die Schü­ler ver­ste­hen es dann als richtig.
    Aber ich erklä­re auch vie­le Din­ge, die in der Com­mu­ni­ty nicht gut gemacht wer­den, ja sogar „falsch“, aber ich muss den Schü­lern erklä­ren, wie sie damit klar kom­men, denn ich kann die All­ge­mein­heit da drau­ßen ja nicht ändern. Man muss also not­ge­drun­gen Din­ge akzep­tie­ren, weil man kei­nen Ein­fluss dar­auf hat. (zum Bei­spiel die­ses ent­setz­li­che Kopf­drü­cken, wel­ches ich strikt zum „no go“ erklä­re.) Es gibt eben Din­ge, die kann ich auch nicht aus­ste­hen, aber sie wer­den prak­ti­ziert. damit muss man sich abfin­den. Im Grun­de müss­te ich vie­le Feh­ler unter­rich­ten, damit sie da drau­ßen kom­pa­ti­bel tan­zen kön­nen. Mache ich aber nicht.
    Wenn ich Anfän­gern aber nur erklä­ren müss­te, wie man in einem „encuen­tro“ tanzt, brauch­te ich nur ¾ Jahr, weil das gebräuch­li­che Figu­ren­re­per­toire ja nur aus cor­tes und ocho cor­ta­dos zu bestehen scheint. Den Rest machen die Schü­ler dann über eige­ne Erfah­run­gen. (da sehe ich schon die Toma­ten flie­gen). Kann ich aber beweisen.

    • Ich will mich ja nicht wei­ter ein­mi­schen, fän­de es aber fair, angeb­li­che Zita­te von mir kor­rekt zu ver­wen­den: „Im Tan­go gibt es kein rich­tig und falsch“ gibt mei­ne Ansich­ten ent­stellt wie­der. Mir geht es dar­um, die­se Voka­beln im Tan­go­un­ter­richt zu ver­mei­den, weil das die Ler­nen­den nur verspannt.
      Und Tan­go ist mit Sicher­heit kei­ne exak­te Wissenschaft.

      • > Mir geht es dar­um, die­se Voka­beln im Tan­go­un­ter­richt zu ver­mei­den, weil das die Ler­nen­den nur verspannt.

        Ein ori­gi­nel­les päd­ago­gi­sches Kon­zept (beson­ders von einem ehe­ma­li­gen Leh­rer)! Der Mann zer­quetscht mir die rech­te Hand und die Frau hängt an mir wie ein Mehl­sack und ich soll das nicht kor­ri­gie­ren und sie wei­ter­wursch­teln las­sen, weil sie sich „ver­span­nen“ könn­ten. Der Mann IST bereits „ver­spannt“ und die Frau bräuch­te im Gegen­teil etwas KörperSPANNUNG. 

        Im Che­mie­un­ter­richt war ich auch immer „ver­spannt“, weil ich die­se dus­se­li­gen For­meln nicht kapiert habe.

        • Offen­bar muss ich das nun büßen…

          Eine leich­te Kör­per­span­nung ist etwas ande­res als eine Ver­kramp­fung, weil man fürch­tet, das der Herr Tan­go­leh­rer einem gleich wie­der ein „Falsch“ überzieht.

          Natür­lich muss man ung­g­eig­ne­te Din­ge auch im Tan­go kor­ri­ge­ren. Aber bit­te als freund­li­che Anre­gung und nicht in einer Wei­se, die auch im Schul­un­ter­richt nicht mehr als Mit­tel der Wahl gilt!

    • > zum Bei­spiel die­ses ent­setz­li­che Kopfdrücken

      Was meinst du?

      Ich kann es nicht aus­ste­hen, wenn die Frau ihren Kopf nach rechts dreht und ich dann ihre har­te Stirn irgend­wo im Gesicht habe. Ich ver­ste­he, dass Frau­en auf die­se Art leich­ter nach unten auf sei­ne Füße schau­en kön­nen und visu­ell inter­pre­tie­ren, was als Nächs­tes kom­men könn­te. Aber trotz­dem ist das eine sehr unan­ge­neh­me Haltung.

    • > Kann ich aber beweisen.

      Was willst du denn da „bewei­sen“? Man braucht sich doch nur ent­spre­chen­de Vide­os anzu­schau­en, wie die­ses hier: https://www.youtube.com/watch?v=GVvj9Wc77‑M

      Ich schät­ze ja Ger­hard Riedls Humor, er nennt das sehr tref­fend „Schwof der Unto­ten“. Was da „getanzt“ wird, brin­ge ich jedem/r in ein paar Mona­ten bei. Aufs Gehen ver­zich­ten wir schon mal völ­lig, denn man krei­selt ja eh nur auf der Stel­le rum. Moli­ne­te & Co braucht man auch nicht, man lässt die Frau ein­fach im Zeit­lu­pen­tem­po um sich rum­lau­fen. Ich bin immer wie­der baff, dass Leu­te für so was einen Hau­fen Geld bezah­len und Gott­weiß­wo­hin fahren.

  6. Harald Bruster

    Ja, es ist wahr: Beim The­ma Füh­ren und Fol­gen (F&F) wird unglaub­lich viel geschwur­belt! Das zeigt auch Dis­kus­si­on in den Kom­men­ta­ren. Und ich stim­me Jochen zu: F&F hat viel mit Phy­sik und wenig mit Meta­phy­sik zu tun. Phy­sik kann man erklä­ren (Meta­phy­sik allen­falls beschreiben). 

    F&F ist aber auch Kom­mu­ni­ka­ti­on, non­ver­ba­le Kom­mu­ni­ka­ti­on. Kom­mu­ni­ka­ti­ons­feh­ler las­sen sich auf drei Ursa­chen­quel­len zurück­füh­ren: Auf den Sen­der, auf den Emp­fän­ger und auf die Über­tra­gung. Die Ansa­gen im Unter­richt adres­sie­ren nach mei­ner Wahr­neh­mung über­wie­gend den Füh­ren­den (Sen­der) und berück­sich­ti­gen zu wenig die­ses drei­po­li­ge Kom­mu­ni­ka­ti­ons­sys­tem mit sei­nen unter­schied­li­chen Fehlerquellen.

    Die Kri­tik an der Ver­mitt­lungs­kom­pe­tenz bekann­ter (argen­ti­ni­scher) Tanz­grö­ßen tei­le ich. Aller­dings habe ich aus einem Semi­nar mit so einem sehr bekann­ten Tän­zer einen Satz mit­ge­nom­men, an den ich immer wie­der den­ke: „Fol­low your lead!“ Sehr ver­kürzt über­setzt: Füh­re und fol­ge dann dem, was die Fol­gen­de ver­stan­den hat.

    • Klaus Wendel

      Hal­lo Harald,
      „Fol­low the lead“ wur­de ja bereits mit dem Satz „…In tan­go, the man pro­po­ses, the woman responds, then he fol­lows her…“ ein­deu­tig beschrieben.

    • > „Fol­low your lead!“ […] Füh­re und fol­ge dann dem, was die Fol­gen­de ver­stan­den hat.

      Das ist eine, vor­sich­tig for­mu­liert, küh­ne „Über­set­zung“ bzw. Inter­pre­ta­ti­on. Mag sein, dass der „sehr bekann­te Tän­zer“ kein eng­li­scher Mut­ter­sprach­ler war und etwas ande­res gemeint hat, aber der Satz heißt schlicht und ergrei­fend: „Fol­ge dem Füh­ren­den / Mann.“

      „lead“ (bzw. „fol­low“) sind „gen­der-neu­tra­le“ Ver­kür­zun­gen von „lea­der“ (bzw. „fol­lower“). Sie­he z.B. „To The Leads Who Feel I Should Fol­low Ever­y­thing“ / „Most leads and fol­lows resound­in­gly agreed with me“ / „Howe­ver, not all leads took the sto­ry that way.“ (Quel­le: https://danceplace.com/grapevine/to-the-leads-who-feel-i-should-follow-everything/)

      „lead“ bedeu­tet hier also nicht „Füh­rung“ (what you’­ve led). 

      Das gan­ze Kon­zept „Mann folgt Frau“ bzw. „Füh­ren­der folgt dem, was die Frau ver­stan­den hat“ hal­te ich (zumin­dest für den Anfangs­un­ter­richt) für nicht sehr hilf­reich. Meis­tens läuft es auf abso­lut Bana­les hinaus. 

      Im einen Fall ist damit gemeint: Wenn du z.B. einen Ocho ein­lei­test, dann füh­re die Bewe­gung auch bis zum Ende (und bleib nicht plötz­lich ste­hen oder mach was ganz Neu­es). Das ist so tri­vi­al wie: Wenn du jemand die Hand schüt­teln willst, nimm sei­ne und zieh dei­ne nicht im letz­ten Moment weg. 

      Im ande­ren Fall ist gemeint: Wenn dei­ne Part­ne­rin das mit dem Ocho nicht ver­stan­den hat, brich die Bewe­gung ab und zerr sie nicht durch die Gegend. 

      Bei­des hat im „fol­gen“ im Tan­go-typi­schen Sinn nichts zu tun und ver­wirrt die Män­ner nur, wenn sie jetzt nicht nur „füh­ren“ (was ja schon schwer genug ist), son­dern auch noch „fol­gen“ sollen.

    • Ich ver­wen­de „fol­gen“ für den Führenden/Mann aus­schließ­lich für die Fäl­le, wo die Frau „selb­stän­dig“ etwas macht, was ich nicht geführt habe. 

      Sie­he die letz­ten bei­den Absät­ze von https://jochenlueders.de/?p=15907

  7. Klaus Wendel

    Hal­lo Jochen,
    was die Über­set­zung von „lead“ angeht, hast Du natür­lich recht. Aller­dings ist es bei Cas­siel ja bes­ser beschrie­ben: „In tan­go, the man pro­po­ses, the woman responds, then he fol­lows her.“ – Über­set­zung: „Beim Tan­go macht der Mann einen Vorschlag/Angebot, die Frau ant­wor­tet, dann folgt er ihr.“ (Das hört sich zwar zeit­lich sehr schwer­fäl­lig an, aber in Rea­li­tät ist es fast zeitgleich.)
    Was auch in Dani­el Trenner’s Arti­kel die „base“ sehr gut beschrie­ben wird, was ein guter Tän­zer kön­nen soll­te: näm­lich, dass er vor­ran­gig den „Schritt­ab­lauf der Part­ne­rin“ anti­zi­pie­ren, Füh­ren soll­te, um dann jeweils mit unter­schied­li­chen Schritt- oder Bewe­gungs-Varia­tio­nen fol­gen kann. Das beschreibt er so:
    „1. Das Ske­lett des Tan­zes ist das Gehen des Fol­gen­den, das vom Füh­ren­den ent­wor­fen wird.
    2. Der Füh­ren­de schafft die nächs­te Stu­fe, indem er einen Schritt in die Räu­me des Bewe­gungs­mus­ters setzt, das der Fol­gen­de selbst­be­wusst ausführt.
    3. Bei­de deko­rie­ren nun die­se zwei ver­wo­be­nen Schrit­te mit einer Schicht von Verzierungen.“
    Ich schi­cke Dir den Arti­kel mal zu.
    Fer­ner schreibst Du: […]„Das gan­ze Kon­zept „Mann folgt Frau“ bzw. „Füh­ren­der folgt dem, was die Frau ver­stan­den hat“ hal­te ich (zumin­dest für den Anfangs­un­ter­richt) für nicht sehr hilf­reich. Meis­tens läuft es auf abso­lut Bana­les hinaus.“[…]
    Das kannst Du nur schrei­ben, weil Du es noch nicht aus­pro­biert hast. Ich beschrei­be das zwar nicht in den ers­ten Unter­richts­stun­den, aber nach etwa 4 Wochen, wenn die Beg­in­ner das dann dif­fe­ren­zie­ren kön­nen. Mei­ne Erfah­rung ist da sehr posi­tiv, weil den Schü­lern das „gehen“ viel leich­ter fällt. War­um das so ist, beschreibt Mau­ricio Cas­tro in sei­nem Buch­ka­pi­tel („Die Struk­tur des Tan­gos“) : „Der Fusi­ons­punkt“. Wobei im Tan­go der „Fusi­ons­punkt“ nicht, wie im Arti­kel beschrie­ben, der Ziel­ort des Lea­ders ist , son­dern der räum­li­che und musi­ka­li­sche Schritt­ab­lauf der Partnerin.
    Mit freund­li­chen Grüßen
    Klaus Wendel

    • > Das kannst Du nur schrei­ben, weil Du es noch nicht aus­pro­biert hast.

      Stimmt! Ich habe fast aus­schließ­lich Män­ner, die ihr gan­zes Leben lang nicht getanzt haben, die sich nicht um ihren Kör­per geküm­mert haben und die meis­tens unmu­si­ka­lisch sind. Für die ein Wech­sel­schritt / eine „Ver­dop­pe­lung“ bereits eine Her­aus­for­de­rung dar­stellt, noch dazu, wenn sie gleich­zei­tig noch z.B. ein Kreuz füh­ren sol­len. Und denen soll ich jetzt mit „Fusi­ons­punk­ten“ kom­men? Echt jetzt? Alles, was sie wol­len ist mög­lichst schnell auf Milon­gas zu gehen. Was ja völ­lig ok ist. Also brin­gen ich ihnen Gehen, Kreuz, Dre­hen, Ocho Cor­ta­do, Ochos und Moli­ne­te bei – fer­tig. Das reicht ihnen (eigent­lich reicht ja noch viel weni­ger, sie­he das Encuentro-Video). 

      Da will nie­mand einen „Schritt in die Räu­me des Bewe­gungs­mus­ters“ set­zen (was auch immer das bedeu­ten soll) und kei­ner wird jemals „ver­wo­be­ne Schrit­te“ (?) mit einer „Schicht von Ver­zie­run­gen dekorieren“. 

      Schön, wenn dei­nen Schü­lern dadurch das Gehen leich­ter fällt. Ich ver­ste­he zwar nicht war­um, aber wenn dei­ne Schü­ler „nach etwa 4 Wochen“ so etwas offen­bar ver­ste­hen und umset­zen kön­nen, hast du ent­we­der ande­re „Kli­en­ten“ oder unter­rich­test ein­fach besser. 😉

  8. Lie­ber Jochen,
    was mir gefällt, ist der Vor­schlag, erst­mal in offe­ner Hal­tung bzw. Übungs­hal­tung zu begin­nen. Kennst du „Pin­ky-to-Pin­ky“? Da „hakt“ sich das Paar gegen­über­ste­hend nur gegen­sei­tig mit den klei­nen Fin­gern unter. Das hält den Kon­takt und die Form, ver­hin­dert aber das Gewicht­ab­ge­ben an den Partner.
    „Dass es sich beim Füh­ren letzt­lich um simp­le Phy­sik han­delt…“ kann ich aus mei­ner Erfah­rung her­aus nicht bestä­ti­gen. Da spie­len schon noch ein paar ande­re Abtei­lun­gen mit, wie ich hier aus­führ­lich dar­ge­legt habe 😉
    https://www.tangofish.de/blog/tango-lernen-eine-psychosomatische-betrachtung/
    Herz­li­che Grüße
    Manuela

    • > Kennst du „Pin­ky-to-Pin­ky“?

      Ja, kenn ich. Fin­de ich aber komisch. Ich habe lie­ber die Hand­flä­chen (auf Schul­ter­hö­he) anein­an­der, oder (noch bes­ser) mit einem ima­gi­nä­ren „Luft­kis­sen“ dazwi­schen (z.B. bei Ochos), damit wir zwar in Kon­takt blei­ben, aber die Frau kom­plett sel­ber in ihrer Ach­se blei­ben muss und kein Gewicht „abge­ben“ kann. 

      > Da spie­len schon noch ein paar ande­re Abtei­lun­gen mit [.…]

      Ich habe dei­nen Bei­trag gele­sen – sehr interessant! 

      ABER: Mei­ne Ziel­grup­pe sind Anfän­ger-Män­ner, denen ich eine ers­te kon­kre­te Vor­stel­lung ver­mit­teln möch­te, wie Füh­rung funk­tio­niert. Dass da noch viel mehr auf der „Leib-und-See­le“ Ebe­ne pas­siert, steht außer Fra­ge, ist aber NICHT mein Thema. 

      Zwei­tens ist dein Bei­trag schon sehr stark aus dei­ner Per­spek­ti­ve geschrie­ben. Du tanzt schon dein gan­zes Leben lang und hast allein schon durch dei­nen Beruf ein unge­wöhn­lich gut ent­wi­ckel­tes Kör­per­ge­fühl bzw ‑bewusst­sein. D.h. du SPÜRST auch ohne ver­ba­len Input, wenn irgend­was „nicht passt“ und bist in der Lage eine Bewe­gung zu verändern. 

      Ich habe es jedoch (wie geschrie­ben) mit Män­nern zu tun, die ihr gan­zes Leben lang NICHT getanzt und prak­tisch KEIN Kör­per­ge­fühl haben. Die den­ken dann viel­leicht, dass ihre Hän­de locker sind, in Wirk­lich­keit quet­schen sie mei­ne rech­te Hand zusam­men und hal­ten mich mit ihrer rech­ten im Schraub­stock. Sie spü­ren das aber nicht. Des­we­gen funk­tio­niert dein „Bewe­gung gesche­hen las­sen“ in die­sem Fall nicht, es wür­de sich nichts ändern. Des­halb muss das Groß­hirn ran und der Mann muss sich bewusst auf sei­ne Hän­de kon­zen­trie­ren / fokus­sie­ren. Und natür­lich soll­te Unter­richt „vor­nehm­lich aus Tan­go­tan­zen“ bestehen, aber die Leu­te ein­fach vor sich hin „tan­zen“ zu las­sen, bringt nichts. Im Gegen­teil besteht die Gefahr, dass sich fal­sche Bewe­gungs­mus­ter ver­fes­ti­gen (wie z.B. stän­dig nach unten zu schauen). 

      > „Geschieht“ eine Bewe­gung, wie es für den Kör­per am bes­ten ist, nicht so, wie es das Groß­hirn meint, wird sel­bi­ge auto­ma­tisch ent­spann­ter, orga­ni­scher und damit eleganter.

      Das klingt so, als ob der Kör­per intui­tiv wüss­te, was rich­tig ist. Auf­grund von 35 Jah­re Sport­leh­rer-Dasein kann ich sagen, dass das ein­fach nicht stimmt. Neh­men wir an du hast z.B. noch nie Tisch­ten­nis gespielt. Ich drü­cke dir ein Schlä­ger in die Hand und lass dich ein­fach mal machen. Der „Unter­richt“ besteht „vor­nehm­lich aus Tisch­ten­nis-Spie­len“. Mit gro­ßer Sicher­heit wirst du den Schlä­ger falsch hal­ten, wirst falsch schla­gen und dich falsch bewe­gen. Sub­jek­tiv fühlt es sich viel­leicht „ent­spannt, orga­nisch und ele­gant“ an, aber es ist trotz­dem ein­fach falsch.

      • Hey Jochen,

        auch ich arbei­te mit Men­schen, deren Kör­per­ge­fühl eher im sub­op­ti­ma­len Bereich düm­pelt. Gera­de für die­se Leu­te ist es sehr loh­nend – nicht nur im Tan­go – sich mit dem Kör­per­ge­fühl zu beschäftigen. 

        Es ist ja nicht so, dass sie kei­nes hät­ten. Als halb­wegs Gesun­der hat man das, sonst wäre schon Sit­zen ein Pro­blem. Es ist halt (noch) nicht adressierbar. 

        Mit ein wenig Sen­so­mo­to­rik, per­zep­ti­ver Rück­mel­dung oder z.B. Zür­cher Res­sour­cen Modell geht schon was. Erst kürz­lich habe ich wie­der gese­hen, dass ein kopf­ge­steu­er­ter Inge­nieur mit einem „Bild“, dass ich ihm geschwind gehol­fen habe zu ent­wi­ckeln, in Sekun­den sein Tan­zen – vom Schei­tel bis zur Soh­le – sehr ver­bes­sern konnte. 

        Herz­li­che Grüße
        Manuela

        • > Als halb­wegs Gesun­der hat man das, sonst wäre schon Sit­zen ein Problem.

          Sit­zen IST für vie­le / die meis­ten ein Pro­blem. Zu viel, aber vor allem fal­sches Sit­zen ist ein Haupt­grund für „unspe­zi­fi­sche“ Rücken­schmer­zen. Das ist doch jetzt kei­ne wirk­lich neue Erkenntnis. 

          Sie­he z.B. https://www.youtube.com/watch?v=k1luKAS_Xcg

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