Ein Workshop von […] Verón muss einfach toll sein – würde er sonst so viel kosten? Ansonsten stünde man ja als jemand da, der seine Knete für Quark eingetauscht hätte. Wie blamabel! Und tanzen können diese VIPs selbstredend ganz toll – das sagen ja alle! Also müssen sie es auch unterrichten können.
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Eigentlich gehe ich ja schon seit längerm nicht mehr auf Workshops, aber im Fall von Pablo Verón (den ich seit The Tango Lesson verehre) habe ich vor kurzem eine Ausnahme gemacht und zwei Workshops gebucht. Um das Fazit vorwegzunehmen: Meine eh schon bescheidenen Erwartungen wurden deutlich untertroffen. Das Ausmaß an didaktisch-methodischer Unfähigkeit war atemberaubend, die Workshops waren eine einzige quarkige Zumutung.
Es fing schon mal damit an, dass beide Workshops zu spät begannen (beim zweiten fast eine halbe Stunde). Na gut, kann ja mal passieren, dann entschuldigt man sich halt („Immer der Verkehr!“) und fängt wenigstens zügig an. Doch stattdessen beschäftigte sich der Maestro lieber Kaffee-trinkend erstmal mit seinem Handy und ließ die Teilnehmer sich „eintanzen“.
Irgendwann ging es dann endlich mal los. Da beim ersten Workshop lediglich eine „Masterclass“ angekündigt war, hätte ich gerne erfahren, was denn eigentlich das Thema sei und was wir lernen würden. Leider wurde uns das nicht mitgeteilt (wie sich später herausstellte ging es um Sacadas). Na gut, dann erwartet man, dass wenigstens gezeigt wird, was am Ende rauskommen soll. So standen die Teilnehmer gespannt im Kreis und schauten, was da kommen würde. Das gefiel Pablo (der die ganze Zeit Kaugummi kaute) nun aber überhaupt nicht: Er stauchte uns zusammen, es sei „disrespectful“ (unhöflich) nur zuzuschauen, wir sollten sofort mit Partner mitmachen. Also zusammen im Paar: Schritt nach links, Drehung, Schritt vorwärts … usw. Leider handelte es sich auch noch um eine Drehung, so dass man sich wegdrehen musste und nicht mal mehr sah, was eigentlich getanzt werden sollte. Ich hasse ja schon das übliche „Lehrer machen was vor und Schüler sollen es einfach mal ohne Erklärung nachmachen“ (siehe dazu diesen Beitrag), aber das hier war nochmal eine Nummer grotesker. Ohne die leiseste Vorstellung, was am Ende rauskommen soll, die Leute paarweise nach akustischer Anweisung rumwatscheln zu lassen, zeugt von kompletter didaktisch-methodischer Ignoranz. (Und ja doch, es ist mir völlig egal, ob man in Buenos Aires so Tango tanzen lernt.) Das anfangs „unhöfliche“ Zuschauen war dann aber plötzlich doch nicht so schlimm, nach kurzer Zeit zeigte Pablo etwas und wir sollten zuschauen („Look …“). Soviel zu seiner reflektierten Didaktik.
Während wir noch mit der Grundform kämpften, kamen dann oft schon die ersten Variationen: „You could also do this“, „This is an interesting variation“ etc. Diese Variationen wurden aber so schnell gezeigt (und nicht weiter erklärt), dass klar war, dass man die jetzt nicht üben sollte. Welchen Sinn hat es, Variationen zu zeigen, wenn die meisten Leute noch nicht mal die Grundform beherrschen?
Zu keinem Zeitpunkt wurden Männer und Frauen mal getrennt, so dass die Männer z.B. erstmal in Ruhe eine komplizierte Schrittfolge einüben konnten, um sie dann mit ihrer Partnerin zu tanzen. Bewegungen wurden nicht verlangsamt und zerlegt, sondern fast immer im Originaltempo gezeigt. Entsprechend empfand ich das in Hinblick auf unser Üben wohl aufmunternd gemeinte „Enjoy“ als Unverschämtheit.
In beiden Workshops haben wir kein einziges Mal zur Musik getanzt. Es war zwar immer wieder die Rede z.B. von „half beats“, was die aber konkret bedeuten sollten, blieb unklar. [Normalerweise gibt es strong and weak beats / betonte und unbetone Taktschläge, aber keine half beats. Vielleicht meinte er Achtel-Noten, man weiß es nicht.] Die meistens völlig unpassende Musik war oft viel zu laut, was Pablo aber nicht daran gehindert hat, in die Musik reinzureden, um irgendwas zu erklären. Verstanden hat man natürlich fast nichts.
Mitunter hatte ich den Eindruck, dass der Maestro eher spontan entscheidet, was wir gerade machen. Immer wieder haben wir etwas geübt, was dann plötzlich keine Rolle mehr gespielt hat und auch nicht wieder aufgetaucht ist.
Beim zweiten Workshop (Thema: Contra-Bewegungen) ging es unter anderem um eine Drehung nach hinten, von der Pablo selber sagte, dass sie für eine Milonga nicht so geeignet sei, weil der Mann/Leader halt hinten keine Augen hat und nicht weiß, ob er überhaupt Platz für diese Drehung hat oder ob er in ein anderes Paar reinrumpelt. Man kann sich fragen, welchen Sinn es hat, so eine „unpraktische“ Figur auf einem Workshop für Hobbytänzer zu unterrichten.
Am Ende begeisterter Applaus – offenbar waren es zwei ganz tolle Workshops, bei denen man richtig viel gelernt hat …
k.a.
Hallo, das entspricht ziemlich genau der Erfahrung, die ich mit Veron bei einem Milonga Workschop am 13.11.2021 in München machen musste.
Hinzu kam, dass sich der große Meister anstatt herum zu gehen, um auf die Probleme seiner Schüler einzugehen, fast ausschließlich mit der Betreuung einer jungen, hübschen, blonden Münchner Tangolehrerin beschäftigte, die am Kurs als Leaderin teilnahm.
Fazit: Nicht jeder große Name ist gleichbedeutend mit großer Leistung
Jochen Lüders
Dein Fazit ist ein wohlwollender Euphemismus. Ich empfand das Ganze als „Zumutung“ bzw. Unverschämtheit.
Peter
Endlich mal ein Bericht über einen Workshop. Mir fehlt aber: Wann war es? Wo war es? Wie teuer? Welches Thema wurde angekündigt? Waren die anderen Teilnehmer zufrieden? Und vor allen Pablo alleine? So ist es nur einrecht unsachlicher Bericht, der einen Star niedermacht.
Jochen Lüders
> Wann war es? Wo war es?
Welche Rolle spielen denn diese Daten? Machen die meinen Artikel weniger „unsachlich“? Die Workshops fanden „vor kurzem“ in einem Münchner Tanzstudio statt. Wenn du es genauer wissen willst, schaust du einfach auf tangomuenchen.de nach.
> Wie teuer?
1,5 Stunden 30 €, entsprechend der zweite Workshop über 3 Stunden 60 €.
> Welches Thema wurde angekündigt?
„Da beim ersten Workshop lediglich eine „Masterclass“ angekündigt war, hätte ich gerne erfahren, was denn eigentlich das Thema sei und was wir lernen würden. Leider wurde uns das nicht mitgeteilt“
Was genau verstehst du hier nicht?
Der zweite Workshop wurde als „Ein Nachmittag mit P. V.“ angekündigt.
> Waren die anderen Teilnehmer zufrieden?
Keine Ahnung, woher soll ich das wissen, ich habe keine Fragebögen verteilt. Ich habe geschrieben, dass es „begeisterten Applaus“ gab. Ob der „echt“ war oder (was ich vermute) ein Ergebnis des von Riedl beschriebenen „Knete für Quark“ Effekts war, kann ich nicht beurteilen.
Peter Ripota
Meine Erfahrung bei einem Seminar mit dem Meister (zu dem ich nur ging, weil eine Dame das unbedingt wollte): Bei einer komplizierten Drehung wusste ich nicht, mit welchem Bein ich anfangen sollte. Also fragte ich bescheiden den Meister. „Schau halt zu!“ fauchte er mich an und kaute dann weiter seinen Kaugummi. Soviel zur menschenverachtenden Art argentinischer Meister!
Klaus Wendel
Das, was Jochen hier beschreibt, habe ich schon öfters gehört. Ich muss wohl zu den Ausnahmen gehören, die durchwegs gute Erfahrungen mit Pablo gemacht hat. Aber das soll hier Jochens Darstellung nicht widersprechen. Kann sein, dass er überhaupt keine Lust hat zu unterrichten, dann sollte er‘s lassen.
Mag sein, das wir, Pablo & ich einen guten Draht miteinander haben, daran zu messen, dass er mir oft zur Seite sprang, uns gut verstanden und er mir gute Tips gab und weil wir uns schon lange kennen. Aber so nett sollte er mit allen umgehen.