Es gibt auf YouTube inzwischen eine unüberschaubare Menge an Tango Tutorials und entsprechend gibt es erhebliche Unterschiede bei der Qualität. Von unbrauchbar bis hervorragend ist alles dabei.
Unbrauchbar finde ich z.B. Videos, in denen einfach nur getanzt und nichts erklärt wird und man sich Schritte / Figuren „abschauen“ soll (wie hier oder hier).
Im Folgenden beschreibe ich meine Kritierien für gute Tutorials.
Die (englischen) Tutorials von Adam Cornett sind meiner Meinung nach mit Abstand die besten, im Folgenden beziehe mich auf sie mit „Adam“ (vgl. „Tango With Adam“).
Der Titel des Videos sollte das Thema präzise benennen (wie bei Adam und Raquel und Ricardo „R&R“). Nummerierte Lektionen bzw. allgemeine Begriffe wie „Drehungen“ führen zu Frust, weil man immer erstmal „reinklicken“ muss, um festzustellen, worum es überhaupt geht.
Wünschenswert wäre darüberhinaus eine Einteilung bzw. Kennzeichnung der Schwierigkeit (Anfänger, Mittelstufe, Fortgeschrittene). Vor allem Anfängern würde es helfen, wenn sie auf den ersten Blick erkennen könnten, welche Videos für sie geeignet sind.
Da vor allem Anfänger mit den Namen der verschiedenen Figuren bzw. ihren spanischen Bezeichnungen noch nicht vertraut sind, ist es hilfreich, wenn (wie häufig bei R&R) das Thema sowohl auf Deutsch als auch auf Spanisch angegeben wird (so wie hier).
Viele kurze Videos, die sich mit nur einer Figur bzw. Bewegung beschäftigen (wie bei Adam), finde ich besser als vergleichsweise lange Videos, die mehrere Figuren miteinander vermischen (wie hier). Zwar hilft bei langen Videos die Unterteilung in „Kapitel“, um einzelne Themen zu finden, aber statt eines fast 24 Minuten langen Videos, fände ich mehrere kurze besser.
Im Idealfall sind die Videos (wie im guten Unterricht) in einer strukturierten „Progression“ (von einfach zu schwierig/komplex) angeordnet und stehen in einer Playlist in einem Block untereinander. Adam beginnt fast jedes neue Thema mit einer Einleitung („What is […]?“), in der er das Thema / die Figur erklärt (wie hier). Alle folgenden Videos beziehen sich auf bzw. erweitern dann genau dieses Thema. Viel mühsamer ist es, etwas Bestimmtes zu finden, wenn Videos völlig durcheinander sind, wie bei R&R und bei Miriam Leonardo Tango, die immerhin versuchen, die verschiedenen Videos in Playlists zu sortieren.
Von guten Lehrern erwarte ich, dass sie ihre Playlisten „pflegen“. Wenn sie zu einem Thema ein neues Video machen, das genau denselben Inhalt hat wie ein bereits vorhandenes, erwarte ich, dass das alte Video gelöscht wird. Es nervt, wenn man z.B. zur Giro / Molinete Technik drei verschiedene Videos findet und erstmal herausfinden muss, welches jetzt das aktuellste ist.
Ich möchte, dass die Lehrerin zum Zuschauer spricht. Wenn Information nur über Text (bzw. erklärende Symbole wie Pfeile etc.) übermittelt werden (wie hier), finde ich das mühsam und unpersönlich.
Wichtig sind natürlich eine gute Audioqualität und angemessene Lautstärke. Bei schlechter Audioqualität (wie hier) breche ich Videos normalerweise sofort ab. Hintergrundgedudel (wie hier) finde ich extrem störend, zumal es ja auch die merkwürdige Botschaft transportiert, dass die Musik fürs Tanzen völlig egal ist (siehe diesen Beitrag).
Am wichtigsten ist natürlich eine gute Demonstration und Erklärung der neuen Figur. Am Anfang möchte ich erstmal die ganze Figur sehen, damit ich eine Vorstellung davon bekomme, was am Ende rauskommen soll. Danach sollte die Figur in ihre verschiedenen Bestandteile bzw. Phasen zerlegt werden. Männer- und Frauenschritte möchte ich getrennt sehen und erklärt bekommen. Am Ende soll die ganze Figur wieder zusammen getanzt werden – erstmal langsam und dann in normalen Tempo.
Man sollte eine Figur (wie bei Adam) von beiden Seiten und vor allem (wie bei Vanessa Gauch) sowohl den Mann als auch die Frau von hinten sehen. Auf diese Art kann man Bewegungen / Schritte am leichtesten nachmachen. Wenn der Lehrer einen anschaut, muss man im Kopf erstmal alles seitenverkehrt „umdrehen“, was vor allem Anfängern sehr schwer fällt.
Es sollte, soweit sinnvoll, auch immer der häufigste Fehler angesprochen und gezeigt werden (wie hier). Natürlich kann man immer alles Mögliche falsch machen, aber es würde nur verwirren, wenn mal alle möglichen Fehler (angefangen bei falscher Haltung, fehlender Balance etc.) ansprechen würde.
Wünschenswert wäre es, wenn am Ende des Videos die Figur zu Musik getanzt werden würde (wie hier), das ist aber leider die absolute Ausnahme. Bei den meisten Videos gibt es überhaupt keine Musik, bei einigen dudelt einfach irgendwas im Hintergrund, das mit den Bewegungen der Tanzenden nichts zu tun hat. Hier spiegeln die Tutorials den üblichen Unterricht bzw. das Geschehen auf Milongas, wo die Leute einfach irgendwas tanzen, ohne sich um die Musik zu kümmern. In seltenen Fällen erfährt man, dass irgendwas z.B. „kurz – kurz – lang“ (bzw. „quick – quick – slow“) getanzt werden soll. Ob „kurz“ jetzt aber einer Viertel oder halben Note entspricht (siehe diesen Beitrag), erfährt man jedoch nie.
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