Primero la musica con su compas y melodia, segundo el sentimiento, tercero la elegancia, por ultimo las figuras. Asì se baila el Tango!
Zuerst die Musik mit ihrem Rhythmus und ihrer Melodie, als zweites das Gefühl, als drittes die Eleganz, als letztes die Figuren. So tanzt man Tango!
Carlos Gavito
In diesem Beitrag beschreibe ich, was ich unter „musikalisch tanzen“ verstehe und wie ich es unterrichte. Der Beitrag beruht weitgehend auf dem hervorragenden Buch Tango: Zur Musik tanzen!. Da ich zum Teil andere Begriffe als Amenabár verwende, erscheinen seine (in Klammern). Alles Folgende bezieht sich auschließlich auf „normale“ Tango-Musik, also Stücke, die einen klaren, (weitgehend) gleich bleibenden Rhythmus und eine (halbwegs) regelmäßige Phrasenstruktur aufweisen (also NICHT für Troilo, Pugliese, Piazzolla etc).
Der Begriff „musikalisch tanzen“ ist natürlich eigentlich unsinnig, denn er impliziert, dass man ja auch „UNmusikalisch“ tanzen könnte. Das ist zwar im Tango sehr oft der Fall, aber dann ist es für mich kein „Tanzen“ zur Musik, sondern lediglich „Bewegung“ mit Musik.
Den „Puls“ („Basisrhythmus“) erkennen und tanzen
Bevor wir einen einzigen Schritt machen, hören wir uns El Once an und erkennen einen gleichmäßigen „Puls“ bzw. „Grundschlag“ auf den ungeraden Taktschlägen (also 1, 3, 5 und 7). Entsprechend setzen wir unsere Schritte auf diese betonten Taktschläge (strong beats), genauer gesagt: Der Gewichtswechsel bzw. die Belastung sollte genau auf den betonten Taktschlagen (on beat) erfolgen. Wie das (mit Metronom) aussieht, siehst du in diesem Video.
Zum Thema Rhythmus gibt es einen eigenen Beitrag.
Verschiedene Tempi tanzen
Für das Folgende solltest du die wichtigsten Notenwerte kennen.
Wenn wir „normal“ gehen („einfache Schritte“), tanzen wir „halbe“ Noten. Wenn wir „langsam“ bzw. im „halben“ Tempo gehen („halbe Schritte“), setzen wir unsere Schritte auf die 1 und die 5, das entspricht einer „ganzen“ Note. Und wenn wir „schnell“ bzw. im „doppelten“ Tempo gehen („Doppelschritte“, „Verdoppelung“), tanzen wir „Viertel“-Noten.
Phrasen erkennen
Phrasen sind musikalische „Sinneinheiten“. Zwei Takte, also acht Taktschläge / Zählzeiten bilden die kleinste musikalische Einheit, die sog. (8er) Phrase.
Vier Takte (= zwei 8er Phrasen) bilden die für das Tanzen wichtigste musikalische Einheit (16er Phrase). Typische Tangomusik besteht fast immer aus Blöcken von 4 Takten. In diesen vier Takten haben wir acht Betonungen, die unseren Tanz strukturieren.
Acht Takte (= vier 8er Phrasen = 32 Zählzeiten) bilden den sog. „Melodiebogen“ (32er Phrase). Am Ende des Melodiebogens gibt es meistens einen „Abschluss“ / „Ruhepunkt“ in der Musik.
Gut hört man die Phrasen und den Abschluss zum Beispiel bei El Adios.
Zwei Melodiebögen bilden einen Teil (section). Ein typischer Tango besteht aus fünf Teilen (ABABA bzw. ABABC). Am Beispiel von „Cara Sucia“ wird das in diesem Video erklärt. Die einzelnen Teile von „Bahia Blanca“ kann man sich hier anhören.
Einleitung abwarten
Wir latschen nicht gleich bei den ersten Tönen oder im dritten Takt los, sondern warten erstmal mindestens vier Takte ab, damit wir mit der neuen Phrase auf der 1 mit dem Tanzen beginnen.
Ende gestalten
Mit ein bisschen Übung kann man bei den meisten Stücken das Ende erkennen / antizipieren und den Tanz mit einer einfachen Schlusspose (z.B. einem langsamen Kreuz) schön beenden.
In Phrasen tanzen
Jetzt wird es anspruchsvoller, denn wir versuchen in Phrasen zu tanzen, d.h. wir beginnen eine Figur (wie z.B. den Ocho cortado oder eine Drehung) auf der 1 und beenden sie auf der 8.
Tempo und Dynamik variieren
Auf fortgeschrittenem Niveau lernen wir unsere Schritte und Figuren dem Tempo und Charakter der Musik anzupassen. Durch Verdoppelungen können wir Schritte bzw. Figuren beschleunigen bzw. durch halbes Tempo und Pausen verlangsamen. Wir tanzen z.B. das Sandwich zunächst zu „normaler“ Tango-Musik, danach zu einem Vals, dann zu langsamer Musik und am Ende zu einer flotten Milonga. Und jedes Mal versuchen wir, die Eigenarten der Musik (z.B. das Fließende eines Vals oder das Staccato eines d’Arienzo Tangos) in passende Bewegung umzusetzen.
Die Musik tanzen
Die anspruchsvollste Art „musikalisch“ zu tanzen, ist das zu tanzen, was die Musik „vorgibt“ bzw. „vorschlägt“. Dafür braucht man ein gutes Gehör und jahrelange Übung.
Am einfachsten ist es noch bei Pausen. Bei Love Yourself ist auf dem 7. und 8. Taktschlag eine Pause in der Musik, entsprechend sollte man keinen Schritt in dieses musikalische „Nichts“ setzen, sondern nach drei Schritten stehen bleiben. Meistens muss man Stücke öfter gehört bzw. getanzt haben, um Pausen antizipieren zu können. Wenn man z.B. Hotel Victoria nicht gut kennt, wird man mit großer Wahrscheinlichkeit in die Pause bei 1:25 reinstolpern.
Mit etwas Übung kann man auch lernen, melodische (= legato) und rhythmische (= staccato) Passagen herauszuhören und seinen Tanz (z.B. das Gehen) entsprechend anzupassen. Ein schönes Beispiel gibt es hier. Gut hört man den Unterschied auch bei A la gran muneca.
Deutlich anspruchsvoller ist es, zum Beispiel Verdoppelungen (bzw. halbes Tempo) spontan zu tanzen, weil die Musik das „vorschlägt“. Wie das aussehen kann, erklärt Rui Barroso in diesem Video.
Viele Beispiele von perfektem musikalischem Tanzen findet man bei Dario Moffa (wie hier) und in den meisten Profi-Auftritten (wie hier).
Um deine Musikalität zu verbessern, solltest du so oft wie möglich deine Lieblings-Tangos (bzw. Valses / Milongas) zuhause spielen und dazu improvisieren. Hier ein Beispiel, wie so etwas in Perfektion aussieht.
„Why musicality is hard to teach, but not impossible“ ist der Titel eines ausgezeichneten Essays von Veronica Toumanova. Diesen Text gibt es auch auf Deutsch.
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