Früher Englisch & Sport am Gymnasium - Jetzt nur noch Tango!

Neue Tandas braucht das Land!

Alle Links ver­wei­sen auf Spo­ti­fy, die meis­ten Stü­cke gibt’s aber auch bei YouTube. 

Seit ich mit Tan­go ange­fan­gen habe, fra­ge ich mich, wie man Spaß haben kann, wenn man jahr­ein, jahr­aus immer zur sel­ben Musik tanzt. 

Bei dem his­to­ri­schen, bald 100 Jah­re alten Geschram­mel auf Edo­lon­gas ist die­se musi­ka­li­sche Mono­to­nie natür­lich beson­ders aus­ge­prägt. Zuge­ge­ben, bei di Sar­li ist es ein biss­chen melo­di­scher und bei d’A­ri­en­zo ist es ein biss­chen rhyth­mi­scher, aber davon abge­se­hen hat man meis­tens den gan­zen Abend lang immer den glei­chen lang­wei­li­gen Sound. Flot­te­re Stü­cke (wie Feli­cia, Elva und Ella Es Asi) wer­den auch so gut wie nie gespielt, so dass auch das lät­scher­te Tem­po bzw. der Cha­rak­ter der Stü­cke weit­ge­hend gleich ist. 

Ich fra­ge mich immer wie­der, wie­vie­le Leu­te die­se Musik eigent­lich „schön“ fin­den und sie auch frei­wil­lig in ihrer Frei­zeit, im Auto oder auf dem Weg zur Arbeit hören. Und wenn man sie nicht schön fin­de, war­um tanzt man dann zu ihr? Ein Grund könn­te sein, dass die ein­zi­ge Alter­na­ti­ve, die die meis­ten Leu­te ken­nen, dump­fer Elec­tro­tan­go ist, den sie (ver­ständ­li­cher­wei­se) noch weni­ger mögen. Und dann nimmt man die­sen Sound ein­fach resi­gnie­rend in Kauf („Mei, so is Tan­go halt.“). Gera­de Frau­en erzäh­len mir immer wie­der, dass sie gar nicht rich­tig „zuhö­ren“, son­dern die ewig glei­che Musik ledig­lich als „Hin­ter­grund­ge­räusch“, „Klang­brei“, „Geräusch­tep­pich“ etc. wahrnehmen. 

Und, sor­ry, Edois­ten, eure Lob­prei­sun­gen der ach so wun­der­ba­ren Musik mit ihren „fei­nen Phra­sie­run­gen“ und der „uner­reich­ten Vir­tuo­si­tät“ neh­me ich euch ein­fach nicht ab, denn den meis­ten von euch ist die Musik doch völ­lig egal. Ihr quatscht erst­mal aus­gie­big, bevor ihr irgend­wann anfangt, eher gelang­weilt an der Stel­le zu dre­hen, par­don, zu „tan­zen“. Kann man Musik einer­seits völ­lig igno­rie­ren und sie ande­rer­seits in den höchs­ten Tönen loben? Nee, passt lei­der nicht zusam­men. Und es sind ja nicht nur ein­zel­ne Igno­ran­ten, es ist (vor allem auf Encuen­tros) abso­lut üblich bis zu 30 Sekun­den (bei einer Län­ge von 2:30 also rund einem Fünf­tel) eines Stü­ckes zu ver­quat­schen, bevor es end­lich los­geht. Da fliegt ihr quer durch Euro­pa (Flug­scham scheint bei euch ja völ­lig unbe­kannt zu sein) nur um den aus Argen­ti­ni­en ein­ge­flo­ge­nen Star-DJ zu erle­ben und dann ist euch völ­lig wurscht, was er/sie da spielt. Ver­ste­he ich ande­rer­seits auch wie­der, weil es ja eh genau das sel­be ist, was sonst ja auch immer dudelt und ihr ja auch gar nicht mer­ken wür­det, wenn er sei­ne Tan­das ein­fach von Tan­da of the Week „über­nom­men“ hät­te. Trotz­dem wäre ich als DJ stink­sauer (sie­he die­sen Bei­trag) und wür­de mal eine ent­spre­chen­de Ansa­ge machen bzw. den Ver­an­stal­ter bit­ten, was zu sagen, aber das ist ja offen­bar völ­lig tabu.

Auf Neo­lon­gas ist es aber auch nicht viel bes­ser. Zwar hat man immer­hin ver­schie­de­ne Sounds, aber es sind doch oft auch immer die sel­ben Stü­cke. To Tan­go Tis Nefe­lis, Mil Pasos und Una Noche Mas sind ja alle eigent­lich schön, aber irgend­wann kann man sie ein­fach nicht mehr hören. Und vie­le Elec­t­ro-Tan­gos von Gotan Pro­ject, Bajo­fon­do, Nar­co­tan­go etc. haben zum Teil auch schon 20 Jah­re auf dem Buckel: San­ta María ist inzwi­schen genau­so abge­nu­delt wie Bahía Blan­ca.

Dabei war es im Zeit­al­ter von Strea­ming-Diens­ten noch nie so ein­fach wie heu­te, neue Musik zu ent­de­cken und neue Tan­das zusam­men­zu­stel­len. Als Bei­spiel neh­me ich im Fol­gen­den Spo­ti­fy in der Android Ver­si­on. Jeden Mon­tag gibt es die Play­list Dein Mix der Woche, eine Mischung aus ca. 30 Stü­cken, die man bereits gehört hat, Emp­feh­lun­gen, die auf dem Hör­ver­lauf basie­ren und Neu­erschei­nun­gen. Jeden Frei­tag gibt es den Release Radar wie­der mit ca. 30 Neu­erschei­nun­gen von Künst­lern, denen man folgt bzw. ent­spre­chen­den Vor­schlä­gen. Pas­send zum eige­nen Geschmack bzw. Hör­ver­lauf gibt es auf der Start­sei­te Ange­sag­te Alben für dich, Emp­foh­le­ne Alben, Für heu­te emp­foh­len und Ent­de­cke für dich aus­ge­wähl­te Inhal­te. Wenn man einen Inter­pre­ten öfter gehört hat, bekommt man ähn­li­che Inter­pre­ten in der Abtei­lung MEHR WIE. Und sobald man eige­ne Play­lis­ten ange­legt hat, erschei­nen an deren Ende Emp­foh­le­ne Songs Basie­rend auf den Songs die­ser Playlist.

Hier ein paar Tan­das, die ich auf­grund von Spo­ti­fy Vor­schlä­gen in letz­ter Zeit zusam­men­ge­stellt haben und zu denen wir tanzen:

Solo Tan­go Orques­ta: Bue­no Com­pa­nia, Si Bekar, Tan­go Jim­my / Vals De Ver­ano, Muje­res Vals, Vals De Invierno

Ban­do­ne­gro: Feli­cia, Loca, El Pun­ta­zo

Fer­nan­do Ser­ra­no: Cafe Dom­in­guez, Dime Mi Amor, Paci­en­cia

Duo Stiehler/Lucaciu: Ange­kom­men, Das Mär­chen von der Wol­ke, In unse­ren Tagen

Ed Sheeran: Spark, Colour­blind, Eyes Clo­sed

Jodok Cel­lo: Smo­ke On The Water, Ano­ther Love, Shape Of You

Anspie­lung in der Überschrift …

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Piazzollas Musik – Tanzen oder Zuhören?

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Libertango

  1. Völ­li­ge Zustimmung!
    Ich wer­de den Arti­kel als Lese­emp­feh­lung verlinken.

  2. Susanne KAISER

    Sehr geehr­ter Herr Lüders
    da komnt was in Bewe­gung. Sie spre­chen mir aus dem Her­zen. Das gibt mir Mut und Selbst­ver­trau­en in mei­ner Tan­go Entwicklung.
    Herz­li­chen Dank

    • > da komnt was in Bewegung.

      Das wäre schön. In mei­nem Bei­trag sage ich aber eher, dass etwas „in Bewe­gung kom­men“ SOLLTE. Zumin­dest in Mün­chen tut sich nach mei­nem Ein­druck in die­ser Hin­sicht gar nichts.

      • Rudi Hoven

        Ich habe eini­ge Zeit gebraucht bis ich gemerkt habe, dass die Musik ent­schei­dend ist, ob man nach einer Milon­ga gut oder schlecht gelaunt nach Hau­se fährt. Ich mei­ne von Car­los Gavi­to stammt der Satz: „ Erst kommt die Musik mit ihrem Rhyth­mus und der Melo­die, dann das Gefühl, dann die Ele­ganz und erst dann die Figuren. „
        Ich ver­su­che regel­mä­ßig eine Milon­ga in Düs­sel­dorf zu besu­chen – nur wegen der Musik, für einen Köl­ner eine ganz har­te Nuss..;))

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