Früher Englisch & Sport am Gymnasium - Jetzt nur noch Tango!

Wie Sport in der Schule motivieren kann

Bar­ren, Bad­min­ton, Bas­ket­ball: Sport soll zur ganz­heit­li­chen Per­sön­lich­keits­ent­wick­lung von Schü­lern bei­tra­gen. Doch wie sieht die Wirk­lich­keit aus? Hat sich der Schul­sport in den ver­gan­ge­nen Jah­ren moder­ni­siert – oder ist er nicht mehr zeitgemäß?

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  1. Schon depri­mie­rend, wie wenig sich in den letz­ten Jahr­zehn­ten geän­dert hat, außer daß es im Kurs­sys­tem Sport­ar­ten gibt, die damals noch nicht gän­gig waren.

  2. Carsten

    Ana­log zu einem Mana­ger­coach oder Unter­neh­mens­be­ra­ter wür­de ich – viel­leicht etwas vor­schnell – sagen: Ver­gesst es, moti­vie­ren zu wol­len, aber hört end­lich auf, zu demo­ti­vie­ren. Das Pro­blem dar­an ist, was demo­ti­viert SuS eigent­lich? Das hängt lei­der vom Ein­zel­nen ab. Ich gehe davon aus, dass die, die kör­per­lich im Nach­teil sind, sei es ent­wick­lungs­be­dingt, sei es durch frü­he Fehl­ernäh­rung oder was auch immer, allein schon durch Wett­be­werb (schnel­ler, höher, wei­ter etc.?) demo­ti­viert wer­den, wäh­rend Wett­be­werb für „gesun­de“ Kin­der eher einen Ansporn dar­stellt. Bei der Wahl der Mann­schaf­ten für irgend­wel­che Mann­schafts­sport­ar­ten als letz­ter gewählt zu wer­den (nimmst du den Blin­den, dann nehm ich den Lah­men?), ist schon ernied­ri­gend genug,
    Das wich­tigs­te Ziel für mich am Sport­un­ter­richt wäre doch eigent­lich, ein posi­ti­ves Ver­hält­nis zum eige­nen Kör­per auf­zu­bau­en, egal wie er beschaf­fen ist und wie leis­tungs­fä­hig er ist. Spaß an Bewe­gung zu errei­chen, und wenn es hoch kommt, auch dar­an, sich aus­zu­powern. Viel­leicht auch noch zu erken­nen, wel­cher Art von Bewe­gungs­typ man ist: eher Kon­di­ti­ons­sport­ler oder Schnel­lig­keits- oder Kraft­sport­ler. Erst gegen Ende mei­ner Schul­zeit kris­tal­li­sier­te sich her­aus, dass – wenn über­haupt – die Lang­stre­cke mein Ding war. Und erst das Leben zeig­te, dass es Bewe­gungs­ar­ten gab, die mich tat­säch­lich oder über­haupt reiz­ten, und zwar nicht, wegen des Gewinns an Fit­ness oder der­glei­chen: Bewe­gung zu Musik, sprich Tan­zen, oder Bewe­gung, um etwas zu sehen, also Rad­fah­ren oder Jog­gen, oder die teil­wei­se Ent­las­tung von der Schwer­kraft beim Schwim­men. Selbst beim Tan­zen waren es ten­den­zi­ell die Tän­ze, bei denen man sich durch den Saal beweg­te und weni­ger die, bei denen man mehr oder weni­ger an der Stel­le blieb. Sei­nen Kör­per posi­tiv wahr­zu­neh­men, sowohl im Ruhe­zu­stand als auch in der Akti­on oder danach in der Erschöp­fung, das wäre für mich das Wich­tigs­te, egal ob fett, mager, groß oder klein.
    Auch ver­schie­de­ne Kör­per­zu­stän­de zu errei­chen und sie posi­tiv wahr­zu­neh­men wie z.B. Kör­per­span­nung an ver­schie­de­nen Stel­len auf­zu­bau­en oder sie wahr­zu­neh­men, wären für mich erstre­bens­wer­te Zie­le des Sport­un­ter­richts. Wie man das erreicht mit einer Klas­se von knapp 30 SuS, die von Kör­per­kas­pern bis hin zu Leis­tungs­sport­lern reicht, weiß ich zwar auch nicht, aber die­se Dif­fe­ren­zie­rung muss ich ja auch nicht leisten.
    Per­sön­lich­keits­ent­wick­lung? Ja, die wur­de erreicht: Ich habe im Sport­un­ter­richt gelernt zu ertra­gen, stän­dig der Unter­le­ge­ne zu sein, Din­ge ein­fach zu tun, ohne Ahnung davon zu haben, mich (im Völ­ker­ball) erfolg­reich vor dem Ball weg­zu­du­cken. Her­aus­for­de­run­gen anzu­neh­men, mei­ne Kennt­nis­se zu erwei­tern, dar­an zu arbei­ten bes­ser als ande­re zu sein oder ande­re posi­ti­ve Din­ge habe ich eher im Leben gelernt, nicht im Sportunterricht.

    • > hört end­lich auf, zu demotivieren.

      Was heißt das genau?

      Neh­men wir dein Bei­spiel Völ­ker­ball. Du warst völ­lig pas­siv und hast dich „weg­ge­duckt“. Wenn du die „Her­aus­for­de­rung ange­nom­men“ hät­test und eine Zeit­lang kon­se­quent Wer­fen und Fan­gen geübt hät­test, hät­test du wahr­schein­lich sehr schnell Erfolgs­er­leb­nis­se gehabt und Völ­ker­ball wäre plötz­lich ein coo­les Spiel gewesen. 

      So warst du aber „demo­ti­viert“ und es wäre dir ver­mut­lich am liebs­ten gewe­sen, wenn du dich ein­fach an die Sei­te hät­test set­zen kön­nen. Die­ses Recht hät­te natür­lich auch für alle ande­ren gel­ten müs­sen, die kei­nen Bock auf Völ­ker­ball gehabt hät­ten. Also wäre ein Drit­tel (?) / die Hälf­te (?) ein­fach rum­ge­ses­sen. Die Hal­len mei­ner Schu­le waren / sind so klein, dass es kei­nen Platz gibt neben Völ­ker­ball noch was Ande­res zu machen. Aber selbst wenn es eine gro­ße Drei­fach­sport­hal­le wäre: Was hät­test du und die ande­ren in der Zeit gemacht? Selbst­stän­dig irgend­was geübt? Ziem­lich unwahrscheinlich …

      Dir hat die Lang­stre­cke Spaß gemacht. Für die meis­ten Schü­ler sind bereits die 1.000 m eine Qual und ent­spre­chend sind sie „demo­ti­viert“. Was bedeu­tet das jetzt für den Leh­rer? Nur die, die Lust haben, lau­fen z.B. 1.500 m oder 3.000 m? Wärest du in der 9ten Klas­se frei­wil­lig 3.000 m gelau­fen? Ziem­lich unwahrscheinlich …

      Dir hat Tan­zen Spaß gemacht. Ich habe mit mei­nen Schü­lern Aero­bic gemacht (vgl. https://jochenlueders.de/?p=882). Und ja doch, falls nötig, habe ich sie dazu gezwun­gen und – ganz bääh – durch Noten Druck gemacht. Und natür­lich fan­den es am Anfang die meis­ten „demo­ti­vie­rend“, ganz ein­fach weil sie es noch nie gemacht hat­ten und man, wie immer, erst­mal ein biss­chen üben muss. Aber nach kur­zer Zeit fan­den es die meis­ten ganz ok und eini­gen hat es sogar Spaß gemacht und Jah­re spä­ter haben sie mir erzählt, dass die­se Stun­den ihr Ein­stieg ins Tan­zen war. 

      Hast du inzwi­schen sel­ber Kin­der? Dann weißt du, wie schnell sie „frus­triert“ und „demo­ti­viert“ sind, egal ob im Sport, in der Schu­le oder ob sie ein Instru­ment ler­nen wollen/sollen. (Ledig­lich bei Com­pu­ter­spie­len zei­gen sie eine unglaub­li­che Aus­dau­er und Frus­tra­ti­ons­to­le­ranz.) Wenn du sofort gleich mit „Dann halt nicht“ reagierst, wer­den dei­ne Kin­der nie „resi­li­ent“ werden.

  3. Carsten

    >Du warst völ­lig pas­siv und hast dich „weg­ge­duckt“.
    Da hab ich mich viel­leicht miss­ver­ständ­lich aus­ge­drückt: ich bin aktiv gewe­sen und war sehr geschickt im weg­du­cken, sodass ich oft der letz­te im Feld war, das war mein Erfolgs­er­leb­nis. Fan­gen und Wer­fen war dafür nicht nötig.
    >Völ­ker­ball wäre plötz­lich ein coo­les Spiel gewesen.
    Aus dem o.g. Grund war genau Völ­ker­ball das cools­te Spiel, das lei­der in den höhe­ren Klas­sen an Stel­len­wert ver­lor. Rum­sit­zen wäre genau bei Völ­ker­ball kei­ne Opti­on gewe­sen, eher in allen ande­ren Ballsportarten.

    >Wärest du in der 9ten Klas­se frei­wil­lig 3.000 m gelau­fen? Ziem­lich unwahrscheinlich …
    Ich habe irgend­wann fest­ge­stellt (ca. 9. oder 10.), dass selbst 1000 mir noch zu kurz waren, weni­ger Tem­po, dafür noch län­ger, das war mein Ding. Aber ich habe ja geschrie­ben: ich weiß, dass die Dif­fe­ren­zie­rung erst recht in Sport eine Qua­dra­tur des Krei­ses darstellt.

    >Ich habe mit mei­nen Schü­lern Aero­bic gemacht
    Aero­bic war mir schon wie­der viel zu „sport­lich“ zu sehr auf den ein­zel­nen fixiert und roch wie­der zu sehr nach „Sport als Selbst­zweck“. Die Paar­in­ter­ak­ti­on hat­te für mich mehr Reiz. Aber wenn Aero­bic ande­re zum Tan­zen hin­führt, ist das doch schön. Man kann es nie alle recht machen.

    > Hast du inzwi­schen sel­ber Kinder?
    Nein, aber Schü­ler, und ich ken­ne natür­lich das Pro­blem mit der (De-)Motivation und dem Frust aus mei­nen Fächern genau­so. Ich stim­me dir da voll zu, schließ­lich habe ich auch eini­ges an Lebens­er­fah­rung. Selbst­über­win­dung ist enorm wich­tig, um wei­ter­zu­kom­men. Übri­gens arbei­ten die meis­ten Com­pu­ter­spie­le mit dem Beloh­nungs­sys­tem des Gehirns und nut­zen dies weit­aus klü­ger als die meis­ten Päd­ago­gen (mich ein­ge­schlos­sen), und das sorgt im posi­ti­ven Fal­le für mehr Durch­hal­te­ver­mö­gen, im nega­ti­ven Fal­le für Suchtverhalten.

    Ich ken­ne ja die päd­ago­gi­schen Zie­le des Sport­un­ter­richts nicht und weiß nicht, was die Kumis dafür vor­ge­se­hen haben. Ich woll­te nur mal dazu sagen, was für mich ein wich­ti­ges Ziel wäre.

    • > […] Dif­fe­ren­zie­rung erst recht in Sport eine Qua­dra­tur des Krei­ses darstellt.

      Stimmt, aber das Ent­schei­den­de ist für mich, dass inzwi­schen bei immer Leu­ten die Vor­stel­lung vor­herrscht, dass der Sport­un­ter­richt aus­schließ­lich „Spaß machen“ soll und kei­nes­falls frus­trie­ren / demo­ti­vie­ren dür­fe. Und dass man Kin­der ent­spre­chend vor Miss­erfolgs­er­leb­nis­se bewah­ren soll­te. Das heißt im Umkehr­schluss, dass alle nur noch das machen, was sie eh schon ken­nen bzw. kön­nen und vor allen Zumu­tun­gen ver­schont blei­ben. Sport­un­ter­richt als „safe space“. Und gleich­zei­tig for­dern die sel­ben Leu­te, dass der Sport­un­ter­richt Frus­tra­ti­ons­to­le­ranz und „Resi­li­enz“ ver­mit­teln soll. Was denn nun?

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