Hinweis: Der folgende Beitrag bezieht sich ausschließlich auf das BAYERISCHE Abitur!
Du bist noch unschlüssig, ob du in Englisch schriftliches oder mündliches (= Kolloquium) Abitur machen sollst? Vielleicht kann ich dir bei der Entscheidungsfindung helfen.
Im Normallfall empfehle ich jedem Schüler das SCHRIFTLICHE Abitur zu machen. Hier die beiden wichtigsten Gründe:
Der wichtigste Grund ist, dass du NICHTS WISSEN musst. Du musst lediglich ein paar Dinge können, nämlich wissen, wie man eine Frage beantwortet, wie man einen Aufsatz schreibt und worauf es bei einer Mediation ankommt. Aber ansonsten ist das schriftliche Abitur eine völlig isolierte Angelegenheit. Es wird keinerlei (Hintergrund-)Wissen verlangt, du musst keinerlei Bezüge zu irgendwas herstellen, es geht ausschließlich um den von dir ausgesuchten Text. Selbst beim Aufsatz gibt es immer läppische Laberthemen, zu denen wirklich jeder irgendwas daherschwafeln kann (2016 z.B. ob regional identity etwas Gutes ist bzw. ob man Zoos abschaffen sollte). Anders gesagt, du kannst problemlos ein passables oder auch gutes Abitur schreiben, auch wenn du die vorangegangenen Semester die meiste Zeit gepennt hast bzw. nicht anwesend warst.
Seit 2016 hast du für den schriftlichen Teil (also ohne das Hörverstehen) 240 Minuten, also volle vier Stunden Zeit, das sind 50 Minuten mehr als noch 2015 (dem „länderübergreifenden“ Abitur sei Dank). Das bedeutet, dass auch schlechte Schüler (wenn sie nicht gerade jedes zweite Wort im Lexikon nachschlagen müssen) ausreichend Zeit haben und es eigentlich keine Zeitprobleme mehr gibt.
Beim Kolloquium geht es hingegen ausschließlich um WISSEN. Mach doch mal spaßeshalber folgenden, ganz einfachen Test. Nimm irgendein Thema aus dem letzten Semester (12/1) und fasse in ca. 5 Minuten flüssig, strukturiert und in gutem Englisch zusammen, worum es geht. Na, hat das geklappt? Dann nimm dir ein Thema aus dem letzten Schuljahr und mach dasselbe nochmal. Wenn du noch mehr als ein paar Brocken stammeln kannst, bist du schon ein außergewöhnlich guter Schüler. Bedenke, dass du zwar aus der 11ten ein Semester komplett ausschließen kannst, aber über das andere Semester wirst du wahrscheinlich geprüft werden.
Viele Schüler unterschätzen auch die Länge der Prüfung. 30 Minuten sind verdammt lange. Erst musst du 10 Minuten lang ein Referat zu deinem Schwerpunkthema halten, dann kommen 5 Minuten Fragen zu deinem Referat bzw. Thema. Die verbleibenden 15 Minuten musst du Fragen zu den restlichen Themen beantworten. So lange hast du normalerweise noch nie am Stück gesprochen (mehr oder weniger abgelesene „Referate“ bzw. „Präsentationen“ gelten hier nicht). Die Erfahrung zeigt, dass viele Schüler im Laufe der Prüfung sprachlich regelrecht „einbrechen“. Die lexikalischen und grammatikalischen Fehler häufen sich, sie verlieren immer häufiger den Faden und versprechen bzw. verhedderen sich. Bedenke auch, dass durch die ganze Prüfungssituation deine Nervosität viel größer und der Druck viel höher sind als im normalen Unterricht. Das bedeutet, wenn du schon im normalen Unterricht nicht (oder nur ungern) freiwillig etwas gesagt hast, weil du dich unwohl / unsicher gefühlt hast, dann solltest du auf keinen Fall das Kolloquium machen.
Das Kolloquium in Englisch solltest du überhaupt nur dann in Erwägung ziehen, wenn du auch unter Prüfungsdruck (z.B. in einer Rechenschaftsablage) dich gut, souverän und strukturiert ausdrücken kannst und wenn du dir Stoff entweder leicht merken kannst oder ihn dir zumindest ohne große Mühe (z.B. dank guter Aufzeichnungen) wieder schnell erarbeiten kannst.
Mathias Kowoll
ja, das kann ich so unterschreiben. Ich denke nach dreimaliger G8-Erstkorrektur und zweimaliger Zweitkorrektur, dass es im schriftlichen Englischabitur für einen gymnasial begabten Schüler so gut wie unmöglich ist, eine 5 oder 6 zu bekommen. Selbst eine 4 würde ich für Schüler eines sprachlichen Gymnasiums nur sehr selten sehen, für solche mit z.B. eher insulärer naturwissenschaftlicher Begabung auch eher selten. Bis letztes Jahr gab es da noch die mündliche Teilprüfung, die für manche eine – oft eher psychologische – Hemmschwelle darstellte und in Einzelfällen die Note runterriss. Aber eben in Einzelfällen. Und die ist jetzt auch weg.
Das heißt nicht, dass es nur Einser gibt, denn da muss man gerade in der schriftlichen Sprachbeherrschung schon was vorweisen können. Aber mit ein wenig Mühe ist eine 2 oder 3 für die allermeisten drin.
PS: Wohlgemerkt, das bezieht sich auf die aktuellen Regelungen des schriftlichen bayerischen Englischabiturs. Wir reden nicht vom Grund- oder Leistungskurs früher.