Immer wenn ich in der Stunde nicht so weit komme, wie ich eigentlich hätte kommen müssen, um die geplante Hausaufgabe geben zu können, brauche ich eine alternative Hausaufgabe (AHA). Natürlich ist es nicht tragisch, wenn es mal keine Hausaufgabe gibt, weil sich spontan eine interessanten Diskussion ergeben hat oder ich ins Plaudern gekommen bin. Problematisch wird es aber, wenn Schüler merken, dass sie sich lediglich z.B. nach dem Hobby des Lehrers erkundigen müssen um sicherzustellen, dass der Rest der Stunde „gegessen“ ist und es folglich auch keine Hausaufgabe gibt. Gerade Mädchen perfektionieren diese Ablenkungsstrategie oft zu wahrer Meisterschaft.
Wichtig ist, dass diese neue Hausaufgabe in der nächsten Stunde nicht wieder Zeit kostet. Ich bin ja schon im Zeitplan etwas hinterher und wenn ich jetzt z.B. ein Grammatik-Arbeitsblatt aus der Tasche ziehen würde, müsste ich das in der nächsten Stunde erstmal besprechen und das würde mich „im Programm“ noch weiter zurückwerfen.
Auf diese Art kann es leicht passieren, dass man diverse noch nicht besprochene Hausaufgaben vor sich herschiebt. Das ist vor allem aus zwei Gründen schlecht. Zum einen verliert man bei schlechter Buchführung relativ schnell den Überblick und vergisst irgendwann einfach noch die Übung Soundso auf der Seite XY zu besprechen. Jede schriftliche Hausaufgabe sollte aber meiner Meinung irgendwie „gewürdigt“ werden. Die oft heftige Kritik an Hausaufgaben ist immer dann berechtigt, wenn sie reine Beschäftigungstherapie ohne irgendwelches Feedback sind. Je länger und aufwändiger die Hausaufgabe für den Schüler war, desto ausführlicher sollte auch das Feedback sein. Das heißt nun nicht, dass man immer die Aufsätze von allen Schülern einsammeln und korrigieren muss. Man kann auf freiwilliger Basis einsammeln („Who has really tried hard and written more than the absolute minimum?“), nur die Tür‑, Mittel- oder Fensterreihe, nur die Mädchen, nur die Brillenträger …
Zum zweiten sollten Hausaufgaben möglichst „zeitnah“ besprochen werden. Nach drei Wochen weiß kein Schüler mehr, warum er vor langer Zeit mal irgendwas geschrieben hat. Der Lerneffekt geht dann oft gegen Null.
Ideal für AHAs ist das Lernen bzw. Wiederholen von Wortschatz. Naheliegend ist das Wiederholen von bereits ausgeteilten Vocab-Sheets. Alle behandelten/gelernten Vocab-Sheets kommen (mit Datum) in eine eigene Klarsichthülle („Wiederholen“) und zwar immer so ganz UNTEN hin, so dass das „älteste“ Blatt oben liegt. Dieses kommt in die Klarsichthülle „Demnächst“ in meinem Pultordner und kann mit einem Blick als AHA aufgegeben werden.
Auch die Wiederholung von lesson vocab ist eine sinnvolle AHA: revise lesson vocab 14.9. outrageous – 7.10. to subsribe to sth.
Unabhängig vom aktuellen Thema kann man allgemeinen Wortschatz wie Good, Bad, Like – Dislike, Boring, False Friends etc. aufgeben. Die entsprechenden Vocab-Sheets findest du hier.
Eine schöne Kombination aus Text und Wortschatz bietet z.B. Words in Context. Die AHA kann zum Thema passen oder auch etwas ganz Anderes sein. Wortfelder wie „Vergleiche“, „Textarbeit“, „Häufig verwendete Adverbien“ etc. kann man immer brauchen.
Wunderbar eignen sich auch die mit HW gekennzeichneten Beiträge in meinem Blog. Da habe ich dann in der nächsten Stunde gleich ein schönes Warm-up, wenn sich die Schüler z.B. gegenseitig von einem interessanten TED Talk erzählen.
Natürlich eignet sich auch Grammatik für eine AHA. Was spricht dagegen, dass sich die Schüler von Zeit zu Zeit mal wieder z.B. die Unterschiede zwischen simple past und present perfect zu Gemüte zu führen? Natürlich führt Regelwissen alleine noch nicht zu korrekter Sprachproduktion, aber ohne kognitive Regelkenntnis geht es bei den meisten Schülern auch nicht. Die beste Oberstufen-Grammatik ist m.E. derzeit die CEG English Edition, vielfältige Übung gibt es z.B. im CEG Practice Book 2. In meinem Fach liegen bereits in Kursstärke kopierte Arbeitsblätter.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten um sicherzustellen, dass die AHA im Fall des Falles sofort zur Hand ist und man nicht erst lange in seiner Tasche rumfummeln muss. Man kann sie (ggf. farblich markiert) immer wieder auf den nächsten Stundenzettel übertragen. Oder man hat auf der Rückseite des Stundenzettels eine Haftnotiz, die „mitwandert“. Oder es gibt im Pultordner einen festen Platz, an dem sich ein entsprechender Zettel befindet.
Wenn ich mir nicht sicher bin, ob ich das für die geplante Hausaufgabe nötige Stundenziel auch wirklich erreiche, schreibe ich entgegen meiner sonstigen Gewohnheit die Hausaufgabe NICHT schon zu Beginn der Stunde an die Tafel. Wenn ich mein Pensum nicht schaffe, müsste ich ja die ursprüngliche Hausaufgabe wieder wegwischen und jeder würde sehen, dass ich schlecht geplant habe und das muss ja nicht sein. Also warte ich erstmal ab wie weit ich komme und schreibe erst dann die (A)HA an.
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