Vor kurzem fragte mich ein Referendar, ob es bei mir in der Oberstufe „reine“ Wortschatz- bzw. Grammatikstunden gäbe. Ich antwortetete, dass das so gut wie nie vorkäme, dass ich vielmehr versuche Wortschatz- und Grammatikarbeit in den Unterricht zu integrieren. In einem Aufsatz von Prof. Dr. Wolfgang Butzkamm [1] habe ich dafür vor kurzem den schönen Begriff interlude gefunden.
Wir sprechen zum Beispiel gerade über einen Text, in dem es um Diskriminierung geht und ein Schüler sagt unter anderem: „Women are still discriminated in many parts of the world.“ Natürlich lasse ich ihn erstmal aussprechen und reagiere inhaltlich auf seinen Beitrag. Danach beginnt das sprachliche Intermezzo. Ich fokussiere auf die Sprache: „You just said: ‚Women are still discriminated.‘ What’s wrong here?“ Entweder der Schüler erkennt den Fehler selber oder Mitschüler können weiterhelfen oder ich muss es selber erklären. Dazu wechsel ich ins Deutsche und erkläre die Unterschiede zwischen der deutschen und der englischen Konstruktion. Zusätzlich schreibe ich das Wort an die Tafel „to discriminate AGAINST sb.“ und mache das Wort zum lesson vocab.
Danach üben wir den korrekten Gebrauch mit ein paar Phrasen bzw. ganzen Sätzen: Frauen werden immer noch diskriminiert. Menschen, die diskriminiert werden. Man sollte Menschen mit anderer Hautfarbe nicht diskriminieren usw. Danach geht es zurück zur Textarbeit.
Im Lauf der Stunde (oder am Ende) klappe ich die (Seiten-) Tafel mit dem „lesson vocab“ zu und das interlude wiederholt sich: „Which words did we learn today? Don’t look at your notes.“ – „Make sensible sentences with …“ – „In which context did we use …?“ Zu Beginn der nächsten Stunde eventuell nochmal als warm-up, danach Wiederholung nach ein paar Wochen, irgendwann hat es jeder gelernt.
Dasselbe Prinzip für Grammatik: Gespräch bzw. Textarbeit unterbrechen, falls nötig fliegender Wechsel ins Deutsche, kurze Wiederholung bzw. Erklärung, kurze Übungsphase, fliegender Wechsel zurück ins Englische und zurück zum Gespräch bzw. zum Text. Wiederholung am Ende der Stunde bzw. in den nächsten Stunden.
Nicht gerade romantisch, aber effektiv …
[1] „Die Grammatik ist vergleichend, von der Muttersprache her zu betreiben!“ in: PRAXIS Fremdsprachenunterrricht 04/07, S. 18–22
Wolfgang Butzkamm
Es geht um den fliegenden Wechsel zwischen mitteilungsbezogener und sprachbezogener Kommunikation. Die Intervention, der Wechsel von der Textarbeit zur Grammatik muß kurz genug sein, um nicht ganz aus der Textarbeit auszubrechen und schnell wieder „zur Sache“ zu kommen. Andererseits genügt eben bei einer Konstruktion wie „discriminate against“ nicht einfach ein kurzes Vorsagen. Sehr gut finde ich den „recall at graduated intervals“, die Tatsache, daß Sie weitere Wiederholungen einplanen. Nur dann wird sowas erfahrungsgemäß zum festen Besitz.
Hildegard Kösters
Interludes in Butzkamms Sinn (auch, aber nicht immer mit dt. Stimuli) baue ich bzw. bauen sich häufig in meinen Unterricht ein – immer dann, wenn die Schüler über kommunikativ wichtige bzw. ergiebige Strukturen stolpern. Ein Ankersatz wird – ganz uunromantisch – aufgeschrieben und muss als ganzes gelernt werden. Beim – unvermeidbarem – nächsten Stolpern triggere ich dann diesen Ankersatz los (das geht oft non-verbal oder mit nur einem Stichwort) und schon kommt das „Ach ja“ und die korrekte(re) Anwendung.
Ich glaube Schüler haben mit diesem Paradigmenwechsel keine wirklichen Probleme. Es ist ihnen bewusst, dass sie immer gleichzeitig language-user und language learner (also Wort- und Strukturensammler) sind. Ich selbst empfinde mich auch immer noch so.