Jetzt hat­ten wir eine Woche lang einen 15-jäh­ri­gen fran­zö­si­schen Aus­tausch­schü­ler zu Gast – es war ent­setz­lich. Silence tout le temps – von sich aus hat er schon mal gar nichts gesagt, weder auf Deutsch noch auf Fran­zö­sisch, auf Fra­gen bekam man nur Bro­cken (bzw. ein kar­ges Ja oder Nein) hin­ge­wor­fen, kei­ne Fra­gen, kein Inter­es­se irgend­was zu ler­nen – rien du tout.

War­um fah­ren sol­che Schü­ler auf einen Aus­tausch mit? Nahe­lie­gen­de Ant­wort: Der Leh­rer ist froh über­haupt genü­gend Teil­neh­mer zusam­men­zu­brin­gen. Ich habe vie­le Jah­re lang an mei­ner Schu­le den USA-Aus­tausch orga­ni­siert und genau­so ging es mei­nem ame­ri­ka­ni­schen Kol­le­gen. Er hat­te Mühe sei­ne 15 Han­sel zusam­men­zu­brin­gen und ich konn­te bzw. muss­te aus über 40 Bewer­bern auswählen.

WENN man aus­wäh­len kann, dann soll­te – neben ange­mes­se­nem Auf­tre­ten und Ver­hal­ten, Zuver­läs­sig­keit usw. – mei­ner Mei­nung nach die „kom­mu­ni­ka­ti­ve Kom­pe­tenz“ das ent­schei­den­de Aus­wahl­kri­te­ri­um sein, wobei ich unter ‚Kom­pe­tenz‘ in die­sem Zusam­men­hang in ers­ter Linie die BEREITSCHAFT zu spre­chen ver­ste­he. Schrift­li­che Noten waren für mich dage­gen immer zweit­ran­ging. Was will ich bei einem Aus­tausch mit einem schrift­lich her­vor­ra­gen­den Schü­ler, dem man immer erst die Pis­to­le auf die Brust set­zen muss, bevor er mal was von sich gibt?

Das Gegen­ar­gu­ment lau­tet, dass doch gera­de ein Aus­tausch eine gute Chan­ce wäre, dass „Schwei­ger“ aus sich her­aus­ge­hen und mal was von sich aus sagen. Mag sein, aber ich habe den Aus­tausch auch immer als Beloh­nung für die akti­ven Schü­ler gese­hen und das genau­so zu Beginn des Jah­res in den betref­fen­den Klas­sen (wir hat­ten den Aus­tausch nur alle zwei Jah­re, des­we­gen mit 10ten und 11ten) ange­kün­digt. Natür­lich kann man nie mit Sicher­heit vor­her­sa­gen, wie sich Jugend­li­che unter völ­lig neu­en Bedin­gun­gen ver­hal­ten wer­den, aber im Lau­fe der Zeit bekommt man doch ein gewis­ses Gespür und ent­spre­chen­de Menschenkenntnis.

Aus o.a. Grund hal­te ich über­haupt nichts davon, die Schü­ler durch Los zu bestim­men. Für den ver­ant­wort­li­chen Leh­rer ist die­ses Ver­fah­ren natür­lich bequem. Er muss sich nicht bei Kol­le­gen nach münd­li­cher „Per­for­manz“ erkun­di­gen und er braucht sei­ne Aus­wahl nicht zu begrün­den bzw. sich gegen­über erbos­ten Eltern zu recht­fer­ti­gen. Als ver­ant­wort­li­cher Leh­rer hat man aber eben auch eine gewis­se Ver­ant­wor­tung den Gast­el­tern gegen­über und soll­te sie – falls es sich irgend­wie ver­mei­den lässt – nicht mit nahe­zu stum­men Gast­schü­lern quälen.