Auch in diesem Beitrag verwende ich das inklusive Maskulinum. Die Gründe dafür kann man in diesem Artikel und (ausführlicher) in diesem Buch nachlesen.
Nach 35 Jahren Sportunterricht steht für mich fest: Von den „großen“ (Hallen-)Ballspielen ist Fußball das für die Schule mit Abstand am besten geeignete Spiel, danach folgen Hockey (bzw. Floorball) und Basketball. Handball und Volleyball landen auf dem letzten Platz.
Im Folgenden geht es ausschließlich um pädagogische Aspekte und die Eignung für den Schulsport und NICHT um eine allgemeine „Bewertung“ der verschiedenen Spiele. Und ich plädiere NICHT für Fußball, weil ich ein großer Fußball-Fan bin. Im Gegenteil: Ich bin bekennender Fußball-Muffel und habe nie selber aktiv Fußball gespielt.
Fußball ist m.E. vor allem aus folgendem Gründen für die Schule geeignet:
- Fußball hat die größte gesellschaftliche Akzeptanz und ist der mit Abstand beliebteste Mannschaftssport in Deutschland.
- Fußball ist das mit Abstand spannendste Spiel. Immer wieder kommt es (oft zufällig) zu „dramatischen“ Situationen (Stürmer läuft alleine aufs gegnerische Tor zu), die sowohl Spieler als auch Zuschauer mitfiebern lassen. Und wenn es am Ende der Spielzeit unentschieden steht, entscheidet ein spannendes Strafstoß (= 7m) Schießen über Sieg und Niederlage. Volleyball-„Spiele“ hingegen sind bis in die Oberstufe hinein meistens sterbenslangweilig. Man ist schon froh, wenn der Ball ein paar Mal hin- und herfliegt, von Spannung keine Spur.
- Wenn wir in der Halle spielen, gibt es kein hinteres und seitliches Aus (die Langbänke kippen wir mit der Sitzfläche als Bande zum Spielfeld). Dadurch gibt es so gut wie keine Unterbrechungen des Spiels und es entsteht die mit Abstand höchste Spielintensität. Bei Volleyball stehen die Schüler die meiste Zeit nur rum. Ständig fliegt der Ball ins Netz, ins Aus oder an die (bei uns niedrige) Decke.
- Weil wir (in unseren kleinen Hallen) nur mit 3 bzw. 4 Feldspielern spielen, gibt es keine Verteidiger und Angreifer, d.h. alle laufen nach vorne und wieder zurück, dadurch ergibt sich die (zusammen mit Hockey) mit Abstand höchste Kreislaufbelastung. Im Gegensatz dazu gibt es bei Volleyball keine nennenswerte „Belastung“.
- Im Gegensatz z.B. zu Basketball und Handball hat auch ein Fehlpass bzw. das Verfehlen des Balles (was bei Volleyball ja ständig passiert) keinerlei Konsequenzen, das Spiel geht einfach weiter. Dadurch wird es vor allem für schlechte Spieler viel einfacher im allgemeinen Getummel mitzumischen. Bei Volleyball stehen vor allem schlechte Schüler ständig im „Rampenlicht“ und geraten dadurch noch mehr unter Druck. Ein guter Aufschläger versucht den Ball immer auf die größte Niete zu schlagen. Alle warten nur darauf, dass der Ball entweder überhaupt nicht getroffen wird oder an die Decke bzw. ins Aus gedonnert wird – und genau so geschieht es dann auch meistens. Gute Spieler sind zu Recht genervt, wenn ihre Mannschaft aufgrund der „Pflaumen“ verliert, man kann ihnen aber auch nicht erlauben durchs ganze Feld zu hechten und den anderen die Bälle „wegzulöffeln“.
- Durch Abpraller von der Wand, Fehlpässe etc. kommt es häufig zu unerwarteten Situationen, in den auch schlechte Spieler (zufällig) ein Tor erzielen können und dadurch Erfolgserlebnisse haben.
Die meisten Vorteile von Fußball gelten auch für (Hallen-)Hockey / Floorball. Ein m.E. ganz entscheidender Vorteil ist, dass man das Spiel (in seiner Grobform) so schnell lernen kann. Nachdem wir ca. 45 Minuten lang Ball führen, passen und Torschuß geübt haben, spielen wir bereits in der ersten „Stunde“. Trotz jahrelangem Üben kommt in Volleyball selbst in höheren Klassen häufig kein Spiel zustande. Ein weiterer Vorteil gegenüber Fußball ist, dass man relativ selten Vereinsspieler hat, die das Spiel zu stark dominieren. Dadurch ist die Ausgangssituation vor allem für Schlechtere viel besser als im Fußball, wo Vereinsspieler oft so gut sind, dass Schlechtere (zu Recht) keine Chance sehen, sie jemals „einzuholen“. Ein Nachteil von Floorball ist allerdings der im Vergleich zu Fußball sehr geringe „lifetime“ Faktor, nur wenige Leute spielen nach der Schule Hockey. Im Gegensatz dazu hat Volleyball einen sehr hohen „lifetime“ Faktor, am italienischen Strand spielt man nun mal Volleyball.
Basketball ist technisch viel anspruchsvoller, Schlechte treffen nur selten und Vereinsspieler dominieren sehr bzw zu stark. Durch Streetball-Anlagen in öffentlichen Parks ist Basketball allerdings stärker im Alltag und in den Medien präsent als Floorball und dadurch für Schüler attraktiver.
Auch im Handball dominieren Vereinsspieler bzw. gute Werfer oft zu stark. Schlechte Spieler / Werfer haben nur selten Erfolgserlebnisse. Außerdem ist das „Spiel“ im Anfängerbereich oft sehr gleichförmig und langweilig.
All das bedeutet nun aber NICHT, dass man im Schulsport nur noch Fußball spielen sollte. Es bedeutet aber durchaus, dass man nicht den Großteil der Zeit ausschließlich mit Volleyball verbringen sollte, so wie das viele (selbst Volleyball-begeisterte) Kolleginnen und Kollegen häufig machen. Ihre Begründung lautet dann meistens: „Weil Volleyball technisch so anspruchsvoll ist, muss man halt besonders viel üben.“ Diese Einstellung ist in Zeiten von Übergewicht und Bewegungsmangel bei Kindern und Jugendlichen fragwürdig. Vorrang sollten Spiele haben, die eine hohe Bewegungsintensität, Motivation (vor allem für Schlechtere) und Spannung bieten.
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