… gibt es offiziell natürlich gar nicht, das sind ja alles inzwischen „Übungs‑, Zusatz‑, Nachholaufgaben“, „individuelle Fördermaßnahmen“ und ähnliche Euphemismen. Dieses Wortgeklingel mache ich nicht mit. So wie ich im Sport einen Spieler / Schüler mit einer Verwarnung, Zeitstrafe oder gar dem Spielausschluss bestrafe, wenn er z.B. wiederholt Mitschüler foult und damit gefährdet, bestrafe ich einen Schüler, wenn er wiederholt im Unterricht „foult“ und meinen Unterrichtserfolg gefährdet. (Alles Nähere zu Disziplin, Regeln und Strafen steht in diesem Artikel.)
In Normalfall warne ich vor einer Strafaufgabe maximal zweimal. Das erste Mal meistens non-verbal, das zweite Mal explizit verbal und zwar (damit es auch wirklich jeder versteht) auf Deutsch: „Wenn du jetzt noch einmal …“. Eine Ausnahme ist, wenn ich den Schüler bereits VOR der Stunde an etwas erinnert habe, was wir z.B. am Ende der letzten Stunde besprochen habe: „Denk bitte daran, was wir letzte Stunde besprochen haben …“. Wenn er wieder dasselbe Verhalten zeigt, warne ich, je nach Situation, nur noch einmal oder ggf. gar nicht mehr.
Wichtig ist, dass du bereits eine (möglichst sinnvolle) Strafaufgabe vorbereitet hast und nicht erst anfängst, hektisch in deinem Buch rumzublättern. Praktisch sind dafür Post-It Notizen, die einfach von einem Stundenzettel zum nächsten weiterwandern. Wenn du deine Unterrichtsvorbeitung digital z.B. auf dem Tablet hast, kopierst du die entsprechenden Zeilen einfach von der einen in die nächste Stunde. Wenn du doch spontan eine Strafaufgabe erteilen musst, kannst du immer Wortschatz abschreiben lassen oder meinen Text über Unterrichtsstörungen (doc).
Auf keinen Fall darfst du die Aufgabe ins allgemeine lärmende Getümmel rufen. Der betreffende Schüler wird nächste Stunde mit Recht behaupten, er habe gar nicht mitgekriegt, dass er was machen sollte. Stattdessen unterbrichst du den Unterricht kurz, gehst zu dem Schüler, bestehst darauf, dass er sein Hausaufgabenheft rausholt und diktierst ihm die Aufgabe auf Deutsch (!): „Wörter abschreiben, linke und mittlere Spalte von S. 150 release bis S. 151 capable of“. Zur Sicherheit bestehst du darauf, dass er sich SOFORT die Aufgabe im Buch anschaut, damit 100% klar ist, was er machen soll und er sich nächste Stunde nicht rausreden kann, dass er nicht wusste, was er machen soll. Achte auch darauf, dass er sich das Ganze beim richtigen Tag einträgt.
Ganz wichtig ist, dass du dir die Aufgabe auch wieder SOFORT (nicht erst am Stundenende) selber notierst. Ich nehme dafür einen Zettel.
Die Strafaufgabe forderst du in der nächsten Stunde VOR Beginn des Unterrichts ein. Eigentlich sollte der Schüler zu dir kommen, falls das nicht klappt, musst du halt zu ihm gehen. Falls er die Aufgabe „vergessen“ (= nicht gemacht) hat, gibt es normalerweise eine Nacharbeit (er muss sie aber trotzdem bis zur nächsten Stunde machen). Der Schüler muss schon eine seeehr gute Ausrede haben, damit ich mich erweichen lasse (ist in 30 Jahren noch nie vorgekommen).
Auch bei Nacharbeiten unterbreche ich den Unterricht und diktiere dem Schüler Datum, Zeit und Ort: „Nächsten Mittwoch, 13:10 Uhr, Zimmer 210“. Nacharbeiten sollten möglichst zeitnah stattfinden: „Kannst du heute nachmittag in der 8. Stunde?“. Wieder notiere ich mir SOFORT die Nacharbeit auf einem Zettel und notiere mir zuhause zusätzlich in meinem Kalender, dass ich den Schüler vor Beginn der Stunde möglichst zeitnah an die Nacharbeit erinnere: „Denk daran, heute nachmittag in der 8. Stunde …“. Wenn der Schüler nach diesem Vorlauf nicht zur Nacharbeit erscheint, braucht er wieder eine seeehr gute Begründung, damit ich ihm keinen Verweis gebe. Ich verlasse mich also NICHT auf das Schreiben, das an die Eltern geht. Das dauert ja oft endlos lange und der Schüler kann immer behaupten, dass das Schreiben nicht angekommen sei bzw. seine Eltern ihm nichts gesagt hätten. Das Schreiben schicke ich natürlich trotzdem, nur ist es meistens eine nachträgliche Information: „Trotz mehrfacher Ermahnungen hat Kevin … Eine Nacharbeit hat am … stattgefunden.“
Wenn die Nacharbeit aber erst in 2–3 Wochen stattfindet (z.B. weil du keine „eigenen“ Termine hast und die offiziellen Schultermine nimmst) und du den Schüler NICHT zeitnah erinnert hast, musst du großzügiger sein. Von keinem Schüler kannst du verlangen, dass er sich nach drei Wochen noch an einen Termin erinnert. Dann musst du ggf. einen neuen Termin ansetzen oder das Ganze anders lösen und z.B. einen (Sport-)Kollegen mit Nachmittagsunterricht fragen, ob er nicht den Nacharbeiter betreuen könnte.
Schüler
Diesen Zettel von ihnen gibt es bei uns mittlerweile an der ganzen Schule, musste den auch schon abschreiben, fand ihn eigentlich ganz gut, soweit man das als Schüler sagen kann.. 😉 Ist allerdings etwas unkreativ von unseren Lehrern, ihren Zettel 1:1 zu kopieren.
Jochen
Lehrer sind halt oft genauso faul wie Schüler. 😉