Ein paar Jahre lang war ich an meiner Schule für die lernmittelfreien Bücher zuständig. Das Buch, das immer im besten Zustand (nämlich meistens völlig unberührt) zurückgegeben wurde, war die englische Grammatik (Amazon). Oft musste ich den Schülern erstmal ein Exemplar unter die Nase halten, weil sie sich gar nicht erinnern konnten, dieses Buch jemals erhalten zu haben.
Liebe Kollegen/innen, ich kapier’s einfach nicht. Da jammert ihr zu Recht, dass eure Schüler Lernenden selbst in der Oberstufe keine Bedingungssätze, Zeiten oder indirekte Rede beherrschen, seid aber gleichzeitig davon überzeugt, dass grammatikalisches Regelwissen ganz bäh ist und tut folglich (von ein paar halbherzigen Übungen abgesehen) eigentlich nichts gegen die Missstände. Sehr praktisch ist natürlich auch die bewährte Oberstufen-Einstellung: „Geht mich nichts an, die Schüler sind schließlich alt genug, sollen sie sich doch selber darum kümmern, dass sie endlich mal den Unterschied zwischen simple past und present perfect kapieren.“
Und ja natürlich: Regelwissen alleine produziert nicht automatisch richtigen Sprachgebrauch. Aber andersherum: Geht es ohne Regelwissen etwa besser? Vielleicht bei den paar talentierten Schülern, die es „aus dem Bauch“ heraus richtig machen oder bei denen, die viel lesen und deshalb richtige Grammatik internalisiert haben. Aber alle anderen murksen munter vor sich hin und machen im Abitur noch die selben Fehler wie in der Mittelstufe.
Und wenn ich mir schon keinen großen Nutzen erwarte – schaden kann es auch nicht, sich mal wieder die Verwendung des z.B. present perfect progressive klarzumachen. Außerdem sind „Study [Name der Grammatik, Seitenzahl bzw. Sectionnummer]“ ideale „Verlegenheitshausaufgaben“, für den Fall, dass man in einer Stunde nicht so weit gekommen ist, wie man eigentlich kommen wollte, um die eigentlich geplante HA geben zu können. Auf einer Post-It Notiz hat man dann eine sinnvolle AHA (Alternativ-HA) parat.
Clever ist es natürlich, wenn man sich bereits im Voraus die wichtigsten Grammatikkapitel bereits notiert hat. Ein Schüler fängt mal wieder mit „If I would …“ an und schon lautet die HA: Study CEG section 253–255. Ein anderer meint: „I know her already for five years“ und schon heißt es: Study CEG section 79–80.
Und um klarzumachen, dass wir es ernst meinen, lassen wir uns beim nächsten mündlichen Ausfragen den Grammatikstoff erklären und verbraten ihn natürlich auch beim nächsten Wortschatztest. Auf diese Art erhält auch das Grammatikbuch wenigstens ein paar Gebrauchspuren … 😉
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