Ein Stoffel ist laut Wiktionary ein „unhöflicher, ungeschickter Mensch“. Nicht nur unhöflich, sondern m.E. richtig fies ist es jedoch, wenn Lehrer ständig vor Klausuren bzw. „großen Leistungsnachweisen“ (wie das neuerdings bei uns in Bayern heißt) einen ganz anderen Stoff angeben, als den, den sie dann nachher abprüfen.
In Bayern muss der Stoff eine Woche vor dem Prüfungstermin bekanntgegeben werden. Ich habe volles Verständnis dafür, dass man – vor allem wenn man neu im Job ist – eine Woche vorher noch gar nicht richtig weiß, was man eigentlich abprüfen will bzw. kann. Am heimischen Schreibtisch türmen sich noch Vokabeltests und Schülerhefte und man ist einfach noch nicht dazugekommen, sich mit der Klausur zu beschäftigen. Wenn man den genauen Stoff eine Woche vorher noch nicht genau sagen, ist das ja auch nicht weiter tragisch, denn schließlich fängt ja (fast) kein Schüler wirklich so früh das Lernen an. Vier Tage vorher sollte man sich dann aber doch mal Gedanken gemacht haben und zumindest genau wissen, was man überhaupt prüfen will und mit welchen Prüfungsformen (Hörverstehen, Fragen zum Text, Fragen zum Background Knowledge etc.) man seine Schüler traktieren wird.
Dabei ist vor allem im Wortschatzbereich klar, dass immer nur eine relativ kleine Auswahl von Wörtern wirklich drankommen kann. Ich schreibe z.B. eine Klausur zu Short Stories. Stoff sind neben dem üblichen Lesson Vocab die Vocab-Sheets bzw. Handouts „Short Stories“, „Character“ und „Characterization“ (weil das ein Schwerpunkt war) und „Narrator and Point of View“. Von jedem einzelnen Handout kommen vielleicht 3–4 Items dran, von einem vielleicht auch mal gar keines, aber insgesamt muss schon klar werden, dass sich die ganze Lernerei lohnt, weil man dafür relativ leicht Punkte sammeln kann.
Überhaupt kein Verständis habe ich hingegen für Kollegen, die ständig etwas vollkommen anderes prüfen, als was sie angesagt haben. Wenn das einmal aus Schusseligkeit passiert (z.B. weil man Parallelklassen unterrichtet und den Stoff verwechselt hat) mag das ja noch angehen, aber bei einigen Lehrern hat das offenbar System. Mit Recht empfinden Schüler dieses Verhalten als gemein, rücksichtslos und (in Bayern) hinterfotzig.
Außerdem ist der STOFFel natürlich auch ungeschickt. Wenn Schüler wiederholt die Erfahrung gemacht haben, dass Lernen eh nichts bringt, fragen sie sich natürlich wozu sie überhaupt noch lernen sollen. Was den Stoffel natürlich nicht davon abhält, lauthals zu beklagen, dass die Schüler so faul sind und nichts lernen.
Sven
Zur Unterstützung deiner Ausführungen folgendes Beispiel aus dem Bekanntenkreis.
Deutschunterricht Gymnasium NRW Klasse 6: SEHR deutlich wurde von der betreffenden Lehrerin unmittelbar vor der Arbeit deutlich gemacht, die Kinder müssen unbedingt den Zauberlehrling für diese Arbeit auswendig lernen (sehr zum Unmut des bekannten Kindes – Auswendig lernen rangiert gleich hinter Spinat und Müll rausbringen)!
Geprüft wurde die Bürgschaft … ein Gedicht, dass 3 Wochen vor dem Zauberlehrling gelehrt/gelernt wurde.