Eine nicht angekündigte, schriftliche, maximal 20-minütige Prüfung über den Stoff der letzten beiden Stunden hieß früher bei uns (in Bayern) „Stegreifaufgabe“ nach neuester Terminologie ist das ein „kleiner Leistungsnachweis“. Gebräuchlich ist aber bei den Schülern nach wie vor der Begriff „Ex“ (von lat. Extemporalie). Exen sollen eigentlich überraschend sein, meine große Tüte mit den Sichtblenden verrät meine hinterlistigen Absichten aber schon frühzeitig.
Richtig fies wird es, wenn ich mit meinen Sichtblenden daherkomme, allgemeine Panik auslöse, dann aber nur sage:
„Imagine we would write an Ex today. What questions – remember that can be both Frage and Aufgabe - could I ask about the last two lessons? Write down at least five questions, one of them should be easy (E), medium (M) and difficult (D).“
Mit dieser Aufgabe schlage ich mehrere Fliegen mit einer Klappe. Zum einen müssen die Schüler nachdenken was wir im Augenblick überhaupt machen und welche sinnvollen Aufgaben/Fragen man dazu stellen könnte. Zweitens müssen sie überlegen, wodurch eine Frage leicht bzw. schwierig wird (vgl. dazu meinen Beitrag What’s in a Question). Drittens bekomme ich einen guten Einblick, was bei den Schülern überhaupt hängengeblieben ist und ob meine Schwerpunkte klar geworden sind.
Ein Beispiel aus meinem LK. Wir haben uns mit Doris Lessings Geschichte „Through the Tunnel“ (in Invitation to Literature p. 8 ff.), meinem Handout Narrator and Point of View zusammen mit dem dazugehörigen Worksheet und einer Passage aus Ulysses von James Joyce als Beispiel für stream of consiousness beschäftigt. Als Fragen/Aufgaben bekomme ich zum Beispiel:
- Mr Lüders read a passage from a book. Give its title and author. (“Ulysses” by James Joyce)
- Why did Mr Lüders read from this book? (because the last chapter of “Ulysses” is a famous example of “stream of consciousness”)
- What is the last chapter about? (what goes on the mind of Molly Bloom – the wife of the protagonist – shortly before she falls asleep)
- How does Joyce convey her thoughts and memories? (description of “stream of consciousness”)
- What’s the difference between reported thought and stream of consciousness? (reported thought normally keeps grammatical conventions like punctuation whereas stream of c. – cf. “Ulysses” – ignores them, words “flow” cf. “stream”)
- I’m going to give you reported speech. Transform it first into reported thought and then into interior monologue: She asked herself whether she had been too strict. (Had she been too strict? Have I been too strict?)
- What do we call stories which tell about the transition from childhood to adolescence? (coming-of-age stories, stories of initiation)
- Interpret the last sentence of Lessing’s story: “It was no longer of the least importance to go to the bay.” (Jerry has fulfilled his task / “accomplished his quest”, tunnel isn’t a challenge any longer)
Die besten Aufgaben tippe ich ab und stelle sie, zusammen mit einer kurzen Musterlösung in Klammern, auf einem Handout zusammen.
In der nächsten Stunde stelle ich Paare aus jeweils einem guten und einem schlechten Schüler zusammen und wir SIMulieren die EX. Der gute Schüler ist gleichzeitig „examiner“ und „coach“. Wenn der „examinee“ die Antwort nicht weiß, soll der „Prüfer“ nicht einfach zur nächsten Aufgabe übergehen, sondern Tipps und Hinweise geben und ggf. den Stoff nochmal wiederholen. Wir praktizieren also eine Form von „Lernen durch Lehren“ (LdL).
PS. Der Titel ist ein Anspielung auf die PC-Spiele der Firma Maxis wie SimCity, SimEarth und SimLife.
Christian
Das ist ja cooperative learning wie es im Buche steht. Gute Idee.