Im Rahmen der grassierenden KompetenzbeREINigung werden unsere traditionellen „Questions on the text“ (eine schockierende Mischung aus Lese- und Schreibkompetenz) immer häufiger durch „reine“ Leseverstehen-Aufgaben ersetzt.
Wie immer man zu dieser Entwicklung steht, für uns Lehrer haben diese Aufgaben den großen Vorteil, dass sie deutlich schneller zu korrigieren sind als die herkömmlichen Fragen.
In Baden-Württemberg haben true – false Aufgaben im Abitur bereits die Fragen zum Text ersetzt. Göttinseidank müssen die Schüler wenigstens das true / false mit einem Zitat und Zeilennummern belegen. Die entsprechenden Anweisungen lauten:
An diesen Vorgaben orientiere ich mich bei meinen Leseverstehen-Aufgaben. Meine „instructions“ lauten:
Right or wrong? Write down the number, the answer, the DECISIVE (entscheidend) word(s) in “quotations marks” and the line number(s). Use either only numbers or l. / ll. Shorten longer quotes with ellipsis marks.
Meine Schüler lernen, dass sie nur die ersten und letzten ZWEI Wörter eines Zitats hinschreiben müssen.
Hier das entsprechende Handout „Reading Comprehension“ (doc).
Das Ganze soll dann so ausschauen:
- wrong “very few […] few years.” (2) / (l. 2)
- right “Housing was […] two decades.” (15–16) / (ll. 15–16)
Für jedes Item gibt es 2 BE / Punkte. Einen Punkt für das right / wrong und einen Punkt für das richtige Zitat + Zeilennummer. Wenn das Zitat richtig ist, aber die Zeilennummer(n) falsch, interpretiere ich das als Flüchtigkeitsfehler und gebe einen halben Fehler (= ziehe einen halben Punkt ab). Wenn die Zeilennummer ganz fehlt, gebe ich einen ganzen Fehler.
Andrea
Ich – aus BW – bin übrigens froh, dass diese RC-Fragen weg sind. Ich fand das eine sinnlose Quälerei für Schüler und mich, die Ideen aus dem Text zwar wiederzugeben, aber in eigenen Worten, die weder zu nah am Text (=geklaut) noch zu weit weg (=Inhalt falsch wiedergegeben) waren. Das RC-Abiformat funktioniert ganz gut und ist nicht zu leicht, vor allem weil es den einzigen Punkt für das Item nur dann gibt, wenn ein sinnvoller Textbeleg vorhanden ist. So halte ich es in meinen Klausuren auch bei dieser Art von geschlossener Aufgabe.
Jochen
> Ich fand das eine sinnlose Quälerei für Schüler und mich
Texte zu verstehen, zu analysieren und Fragen dazu zu beantworten ist für mich (neben dem Essay) DIE zentrale Fähigkeit, die ein Oberstufenschüler beherrschen sollte, also alles andere als „sinnlos“. Dass die Korrektur oft eine „Quälerei“ ist, stimmt allerdings. 😉
Andrea
Ich hätte differenzieren müssen: Mich haben vor allem die primär reproduktiven Fragen bei uns gestört. Etwas analysieren/herausarbeiten/zusammenfassen macht durchaus Sinn.
Max
Jochen schrieb „DIE zentrale Fähigkeit, die ein Oberstufenschüler beherrschen sollte“
Sehr richtig! Daß viele Studierende unter einer „elementare[n] Leseschwäche“ leiden, schreibt Bernd Beuscher, ein Professor, in diesem Beitrag in der F.A.Z.:
http://goo.gl/JZBykO
„Studienanfänger – leseschwach und verantwortungsscheu“