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The Power of Unterrichtsgespräch

Eine der ver­häng­nis­volls­ten Ent­wick­lun­gen der letz­ten Jah­re ist nach mei­nem Ein­druck das fast voll­stän­di­ge Ver­schwin­den des fra­gend-ent­wi­ckeln­den Unter­richts­ge­spräch. Durch die reflex­haf­te Gleich­set­zung mit Fron­tal- bzw. (noch schlim­mer) „leh­rer­zen­trier­tem“ Unter­richt ist die­se Form des gelenk­ten Gesprächs heu­te (zumin­dest bei jün­ge­ren Kol­le­gen) ganz bäääh. 

Die maxi­mal erlaub­te Dau­er sind häu­fig ca. 10 Minu­ten, danach muss unbe­dingt ein „Metho­den­wech­sel“ her, am bes­ten Gruppen„arbeit“ mit anschlie­ßen­den „Prä­sen­ta­tio­nen“, bei denen dann ein Schü­ler frontal …

Noch wei­ter wird das Unter­richts­ge­spräch durch die „Digi­ta­li­sie­rung“ des Unter­richts zurück­ge­drängt. Je mehr geklickt, gewischt, gemoo­delt und geappt wird, des­to weni­ger wird logi­scher­wei­se mit­ein­an­der gesprochen.

In ihrem Buch Reclai­ming Con­ver­sa­ti­on: The Power of Talk in a Digi­tal Age (The Atlan­tic) ana­ly­siert Sher­ry Turk­le, was für ver­hee­ren­de Kon­se­quen­zen die Digi­ta­li­sie­rung und das damit ein­her­ge­hen­de Ver­schwin­den von Gesprä­chen hat:

„Face to face con­ver­sa­ti­on is the most human and huma­ni­zing thing.“ (10:35 im Video)

Die über­zeug­ten Digi­ta­li­sie­rer geben sich ja häu­fig der Illu­si­on hin, dass man die Pha­sen im Unter­richt sau­ber tren­nen könn­te und vom Arbei­ten z.B. mit dem Smart­phone (bei BYOD) pro­blem­los zu einem Gespräch umschal­ten könn­te. Stu­di­en sagen lei­der etwas ganz anderes:

„Remem­ber that the pre­sence of a device alre­a­dy signals that your atten­ti­on ist divi­ded, even if you don’t intend it to be.“ (36:35)

Wir sol­len / wol­len die Schü­ler aufs „rich­ti­ge“ Leben vor­be­rei­ten. Fragt sich nur auf welches …

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HW „American Progress“

  1. Ich stim­me abso­lut zu. Für mich als Leh­rer ist ein gut lau­fen­des Unter­richts­ge­spräch mit das Schöns­te, was im Klas­sen­zim­mer pas­sie­ren kann. Eine hit­zi­ge aber fair geführ­te Debat­te habe ich noch nie aus Zeit­grün­den beendet.
    Den­noch den­ke ich, dass es meh­re­re Pha­sen oder Berei­che im Unter­richt (und auch außer­halb der Unter­richts­zeit) gibt, in die die Neu­en Medi­en gut hin­ein­pas­sen, über die aber kaum einer spricht: Das Üben zum Bei­spiel. Ein Schü­ler der übt, redet nicht mit dem Leh­rer oder dem Nach­barn, er übt für sich. Hier fin­det sowie­so kei­ne Kom­mu­ni­ka­ti­on statt. Die nächs­te „Sprech­pha­se“ fin­det erst bei der Ver­bes­se­rung oder der Bespre­chung der Übung statt und die ist dann oft­mals eher unef­fek­tiv. Eine bei mebis erstell­te Übung kann, mit ent­spre­chen­dem Feed­back in der Übung, so oft wie­der­holt wer­den, bis sie der Schü­ler zu 100% rich­tig hat. Sie kann nach Schwie­rig­kei­ten gestaf­felt wer­den, es kön­nen Zusatz­an­ge­bo­te für stär­ke­re Schü­ler gege­ge­ben wer­den, usw. Hier sehe ich sehr wohl ein Poten­ti­al und einen Mehrwert.

  2. Mathias Kowoll

    Ich glau­be, dass das Unter­richts­ge­spräch in der Rea­li­tät des Schul­all­tags nicht ver­schwin­det, nur in der Theo­rie der Fach­di­dak­ti­ker oder Schul­päd­ago­gen (um wohl in zehn Jah­ren wie­der her­vor­ge­holt zu wer­den). Mei­ne Erfah­rung ist, dass die jun­gen Kol­le­gen im Refe­ren­da­ri­at schon begin­nen, umge­polt zu wer­den und wenn nicht da, dann in den ers­ten fünf Jah­ren des All­tags an der Schu­le. Und das ist auch gut so. Pro­ble­me berei­ten mei­ner Mei­nung nur ent­spre­chen­de Zei­tungs­ar­ti­kel, die das Unter­richts­ge­spräch mit den Argu­men­ten in Fra­ge stel­len, die Jochen oben ange­führt hat. Und Eltern, die mit sol­chen Arti­keln bewaff­net im Eltern­bei­rat sitzen.

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